Düsseldorf. . NRW-Umweltministerin Heinen-Esser hat ein „Wolfsgebiet“ am Niederrhein ausgeschrieben. Dort wurde eine Wölfin wiederholt gesehen.
Nach 180 Jahren Abwesenheit kommt der Wolf zurück an den Niederrhein. NRW hat am Montag eine fast 1000 Quadratkilometer große Fläche rund um Schermbeck als „Wolfsgebiet“ ausgewiesen. Die Behörden gehen davon aus, dass eine junge Wölfin im Kreis Wesel heimisch geworden ist. Mehrfache Sichtungen, gerissene Schafe, Kotspuren und genetische Nachweise deuten an, dass das Tier mit der Kennung „GW954f“ hier eine Heimat gefunden hat. Bisher sind Wölfe nie lange in NRW geblieben. Sie wanderten nach Kurzbesuchen weiter in andere Regionen.
Begrüßt die Landesregierung die Rückkehr des Wolfes?
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NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) sagte, die Nachricht wecke in ihr zwiespältige Gefühle. Die Freude über die Rückkehr des Räubers mische sich mit Sorgen in der Bevölkerung. Besonders Schafzüchter und Bauern sind nach Erfahrungen mit Wölfen in anderen Ländern verunsichert und fordern die Möglichkeit einer „Entnahme“ von auffälligen Wölfen. „Wir sind gut vorbereitet“, hält Heinen-Esser den Skeptikern entgegen. Die Ausweisung eines „Wolfsgebietes“ ermögliche gezielten Herdenschutz. Umwelt-Staatssekretär Heinrich Bottermann meinte: „Wir wollen nicht ,Willkommen Wolf’ sagen. Aber wir werden lernen, mit ihm zu leben.“
Was ist über die Wölfin im Kreis Wesel bekannt?
Sie soll aus einer Wolfsfamilie nahe dem niedersächsischen Schneverdingen stammen und ein bis zwei Jahre alt sein. In diesem Jahr wurden an elf gerissenen Schafen in Schermbeck Spuren der Wölfin GW954f („GW“ steht für „German Wolf“, „f“ für female/weiblich) gefunden. In Bottrop-Kirchhellen wollen Anwohner einen Wolf gesehen haben, in Bottrop wurde im September auch ein Schaf gerissen. Ob die Wölfin GW954f dort gejagt hat, steht noch nicht fest. Die Untersuchungen dauern an. Rein formal kann noch nicht von einem „standorttreuen“ Tier gesprochen werden. Das wäre erst nach sechs Monaten der Fall und diese Zeit ist noch nicht um. Dennoch ist es wahrscheinlich, dass NRW nicht mehr nur „Wolfserwartungsland“, sondern schon Wolfsland ist.
Müssen Menschen den Wolf fürchten?
Absolut nicht, betont Bottermann: „Der Mensch passt nicht ins Beuteschema des Wolfes.“ 1995 wurde der erste Wolf in Deutschland nachgewiesen, inzwischen gibt es hier etwa 60 Rudel mit vier bis acht Tieren. In den 23 Jahren sei kein Angriff auf Menschen belegt worden, so die NRW-Behörden.
Müssen Nutztierhalter den Wolf fürchten?
Ja. Wölfe reißen Säugetiere wie Schafe, Ziegen und Kälber, auch (kranke und schwache) Rehe oder Wildschweine. In Niedersachsen sollen Wölfe im Jahr 2017 rund 400 Nutztiere getötet haben.
Wieso ist das Wolfsgebiet so groß?
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Normalerweise misst das „Streifgebiet“ eines Wolfes etwa 200 Quadratkilometer. Das Wolfsgebiet in NRW hat die fünffache Fläche. Es erstreckt sich auf Teile der Kreise Wesel, Kleve, Borken, Recklinghausen sowie auf Bottrop und Oberhausen. Zur Sicherheit, denn überall dort ist nun „vorbeugender Herdenschutz“ möglich. Elektro- und andere Zäune, Herdenschutzhunde und weitere Maßnahmen, die den Wolf von Schafen und Ziegen trennen, fördert das Land hier mit bis zu 80 Prozent der Kosten.
Was ist, wenn ein Wolf dennoch ein Nutztier reißt?
In ganz NRW gilt eine „Förderrichtlinie Wolf“. Kosten für Tierverluste, Tierarzt, Medikamente etc. werden zu 100 Prozent ersetzt.
Reicht das den Bauern?
Dem Rheinischen Landwirtschaftsverband reicht das nicht: Die Richtlinien berücksichtigten nicht den Aufwand, den Bauern nach einem Angriff mit der Pflege verwaister Tiere und einer verunsicherten Herde hätten. Zudem sollte Herdenschutz überall, nicht nur im „Wolfsgebiet“, gefördert werden.
Dürfen Wölfe gejagt werden?
Jäger dringen darauf, den Wolf in NRW auf die Liste jagdbarer Arten zu setzen. Das ist unwahrscheinlich. „Der Wolf genießt den allerhöchsten Schutz des EU-Naturschutzrechts“, sagt Ministerin Heinen-Esser. Ihr Staatssekretär warnt: Einen Wolf zu schießen sei eine Straftat, die „erhebliche Konsequenzen“ habe – bis zu fünf Jahre Haft und bis zu 50 000 Euro Strafe.