Washington. Acht Monate nach seinem Amtsantritt hat US-Präsident Barack Obama die umstrittenen Pläne für einen Raketenabwehrschild in Osteuropa begraben. Der Kreml triumphiert. Doch Obama fordert von den Russen eine Gegenleistung.

US-Präsident Barack Obama hat am Donnerstag den umstrittenen Plan für eine Raketenabwehr in Polen und Tschechien gestoppt. Die Aufgabe der von seinem Vorgänger George W. Bush gestarteten Initiative werde nicht die US-Abwehr gegen Raketenangriffes schwächen, sagte Obama in Washington. Er wolle nämlich die in den osteuropäischen Nato-Partnern geplanten Stützpunkte in andere Staaten verlegen, erklärte der US-Präsident. Die neue Planung sehe auch vor, Raketenabwehrsysteme auf Schiffen zu installieren. Zudem seien die iranischen Kurz- und Mittelstreckenraketen eine größere Bedrohung als Langstreckenraketen..

US-Präsident Barack Obama im Weißen Haus. Foto: ap
US-Präsident Barack Obama im Weißen Haus. Foto: ap © AP

FDP-Guido Westerwelle sagte, die geplante Raketenabwehr würde Europas Sicherheit spalten und «Zonen unterschiedlicher Bedrohung» schaffen. Daher sei es gut, wenn die US-Regierung ihren Abrüstungsankündigungen jetzt konkrete Schritte folgen lasse. Zugleich hielt Westerwelle Nato und EU vor, im Streit über den Raketenschirm die Chance verpasst zu haben, das Thema auch auf europäischer und transatlantischer Ebene zu behandeln.

Politische Vorbehalte und technische Probleme

SPD-Abrüstungsexperte Rolf Mützenich wies darauf hin, dass US-Präsident Obama offensichtlich zahlreichen Bedenken in Russland, Europa und den Stationierungsländern Rechnung trage. Das trage zur Vermeidung neuer Spannungen in den russisch-amerikanischen Beziehungen bei. Der Entscheidung liege «wohl auch eine Neubewertung der Bedrohung durch den Iran zugrunde, da Teheran sein Programm zur Entwicklung von Langstreckenraketen nicht so schnell vorangetrieben habe, wie angenommen».

Ursprünglich wollten die USA bis 2011 in Tschechien und Polen den Raketenabwehrschild errichten, um einer möglichen Bedrohung durch Raketenangriffe aus dem Iran zu begegnen. Wegen politischer Vorbehalte und technischer Probleme war die Frist immer wieder herausgeschoben und zuletzt auf 2015 festgesetzt worden.

Russland: "Gute Nachrichten"

Die russische Regierung hat den Bericht über die Pläne des US-Präsidenten begrüßt. «Wenn die USA wirklich von ihren Plänen absehen wollen, Raketenabwehreinrichtungen in Polen und Tschechien zu stationieren, dann sind das natürlich gute Nachrichten», sagte ein Mitarbeiter des russischen Außenministeriums nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax am Donnerstag.

Als Gegenleistung erwarte Obama nun von Russland ein gemeinsames hartes Vorgehen gegen das iranische Atomprogramm, sagte der Leiter des Moskauer Zentrums für Internationale Sicherheit, Alexej Arbatow.

Das bisherige Konzept sah die Stationierung von Abwehrraketen in Polen und die Einrichtung einer Radarstation in Tschechien vor. In Washington gilt es als wahrscheinlich, dass sich die Regierung zu einem Kompromiss entschlossen hat, der vielen Bedenken Russlands Rechnung trägt. Der Kreml hat die Pläne scharf kritisiert und mit Gegenmaßnahmen gedroht. (afp/ddp/ap)