Essen. . Bertelsmann-Studie sieht eine leicht verbesserte Situation in NRW. Die Qualität der Betreuung hängt vom Wohnort ab. Ein Ausbau ist nötig.

Immer mehr Kinder besuchen eine Kita, doch die Qualität der Betreuung hängt auch in Nordrhein-Westfalen vom Wohnort ab. So muss zum Beispiel eine Erzieherin in Solingen mit 4,7 Kindern fast zwei unter Dreijährige mehr betreuen als eine Fachkraft in Herne. Auch bei den älteren Kita-Kindern zwischen drei und sechs Jahren lag Herne mit einem Schlüssel von rechnerisch 7,8 Kindern pro Erzieherin in NRW vorne. Dagegen ist die Situation bei den älteren Kita-Kindern in Duisburg mit einer Fachkraft für 10,2 Jungen und Mädchen besonders ungünstig.

Die Betreuungsquoten sind in NRW von Ort zu Ort unterschiedlich.
Die Betreuungsquoten sind in NRW von Ort zu Ort unterschiedlich. © Denise Ohms

Diesen Flickenteppich bei der Kita-Betreuung zeigen die Zahlen des neuen „Ländermonitors frühkindliche Bildungssysteme“, den die Bertelsmann Stiftung gestern vorstellte. Die Datenerhebung für alle Bundesländer wird jährlich aktualisiert und basiert auf amtlichen Statistiken.

Stichtag für die aktuelle Studie war der 1. März 2017. Demnach hat NRW bei der Personalausstattung in Kitas für Drei- bis Sechsjährige zwar Fortschritte gemacht, beim Qualitätsausbau für die Gruppe der unter Dreijährigen tritt das Land indes auf der Stelle. Dabei ist in den vergangenen Jahren gerade die Zahl der betreuten Kleinkinder deutlich gestiegen, so wie es sich viele Eltern und Arbeitgeber gewünscht hatten.

NRW schneidet leicht besser ab als der Bundesdurchschnitt

Derzeit betreut in NRW eine pädagogische Fachkraft rechnerisch 8,9 Kindergartenkinder, im Jahr 2012 waren es 9,8 Jungen und Mädchen ab drei Jahren. In den Krippen für die Kleinen blieb der Personalschlüssel dagegen unverändert bei einer Erzieherin für 3,7 Kinder. In beiden Fällen schneidet NRW allerdings leicht besser ab als der Bundesdurchschnitt von einer Fachkraft für 9,1 Kindergartenkinder ab drei Jahren und einer Erzieherin für 4,3 Krippenkinder.

„Die Kita-Qualität hat sich bundesweit verbessert – die Kluft zwischen den Ländern ist allerdings geblieben“, sagte Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Für gleiche Bildungschancen seien „bundesweit einheitliche Standards“ nötig.

Zahl der Betreuungsplätze für unter Dreijährige wurde deutlich ausgebaut

„Die Städte werden den Ausbau fortsetzen, bis jedes Kind mit Betreuungsbedarf einen Platz hat“, betonte Helmut Dedy, Geschäftsführer des Städtetags NRW. Er verwies darauf, dass trotz des unveränderten Betreuungsschlüssels für unter Dreijährige die Zahl dieser Plätze zuletzt deutlich ausgebaut worden sei: von rund 117 000 im Jahr 2012 auf über 190 000 Plätze im laufenden Kindergartenjahr. Dedy: „Das ist eine Erfolgsgeschichte.“ Für deren Fortsetzung benötigten die Städte aber eine „auskömmliche Finanzierung“ der Kindergartenträger, mahnte er.

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Denn vielen Trägern steht das Wasser bis zum Hals, ein Großteil der Kitas arbeitet seit Jahren defizitär. Mit einem Rettungspaket von 500 Millionen Euro stützte daher die schwarz-gelbe Landesregierung die Träger. Nach Jahren der Not soll ein neues Kitagesetz, dass NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) bis Anfang 2019 vorstellen will, die rund 10 000 Kitas im Land auf eine solide Basis stellen. „Damit wird die Landesregierung eine verlässliche und gute Finanzierung der Kitas sicherstellen“, betonte das Familienministerium gestern. Die Reform greife ab dem Kindergartenjahr 2020/2021.

Studie sieht Bedarf für 15 500 zusätzliche Vollzeitkräfte in den NRW-Kitas

Auch Bertelsmann-Chef Dräger sieht für NRW „weiterhin Ausbaubedarf“. Dazu seien zusätzlich 15 500 Vollzeitkräfte und mindestens weitere 700 Millionen Euro nötig. Dräger plädiert dafür, die vorgesehenen Bundesmittel in Höhe von 5,5 Milliarden Euro im Zuge des „Gute-Kita-Gesetzes“ des Bundes nach der Anzahl der in den Ländern jeweils betreuten Kinder zu verteilen. Dann könne NRW 2021 und 2022 mit jeweils mehr als 400 Millionen Euro rechnen.