Düsseldorf. . Der NRW-Landesverband ist der mächtigste und stärkste in der SPD. Beim GroKo-Ja der SPD spielte Parteichef Groschek die entscheidende Rolle.

Nach dem SPD-Bundesparteitag sind sich viele Beobachter einig: Ohne die NRW-SPD wäre in Bonn wohl kaum ein knappes Ja zu Koalitionsverhandlungen mit der Union herausgekommen. Ausgerechnet jener SPD-Landesverband, der in der GroKo-Frage seit Wochen tief gespalten ist, ebnete mit einem geschickten Schachzug in letzter Minute den Weg für ein mögliches Bündnis zwischen CDU, CSU und SPD.

Am Tag nach dem Parteitag sitzt Michael Groschek, der Chef der NRW-SPD, in der Düsseldorfer Parteizentrale und plaudert locker mit Journalisten. Die Anspannung des Vortrages ist von ihm abgefallen, er redet wieder über sein Lieblingsthema: die Erneuerung der Partei nach der verlorenen Landtagswahl.

Groschek holte die Kohlen aus dem Feuer

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Bundesparteichef Martin Schulz und Andrea Nahles, Fraktionsvorsitzende im Bundestag, hätten guten Grund, Groschek eine Glückwunschkarte und Blumen zu schicken. Denn der 61-Jährige, der sich selbst nur als „Übergangslösung“ an der Spitze der Landespartei sieht, hat für sie wohl die Kohlen aus dem Feuer geholt.

Praktisch auf den letzten Drücker hatten die SPD in NRW und Hessen den Parteitag mit einem Antrag konfrontiert, in dem drei Forderungen standen, die viele Delegierte im Sondierungspapier schmerzlich vermisst hatten: Befristete Arbeitsverträge sollen die Ausnahme sein; das Ende der Zwei-Klassen-Medizin müsse eingeläutet werden; eine erweiterte Härtefallregeln für den Familiennachzug von Flüchtlingen solle her. Dieser Vorstoß war eine Brücke für manche GroKo-Gegner, die sie am Ende doch noch ins Lager der Ja-Sager führte. Einer der wichtigsten Brückenbauer: Michael Groschek.

Dank und Lob für die beiden Mitstreiter

Der Reservist der Marine hat diesen „Coup“ nicht allein gelandet. Groschek bedankte sich bei SPD-Landtagsfraktionsvize Martin Börschel und dem Parlamentarischen Geschäftsführer Marc Herter für deren Mithilfe beim Kompromiss. „Sie haben ein beeindruckendes Maß an Führungsverantwortung gezeigt und sich hier besonders verdient gemacht“, sagte der Oberhausener Groschek.

So viel Lob lässt aufhorchen. Denn noch immer ist unklar, wer die SPD-Landtagsfraktion nach Norbert Römer führen und wer die Partei in die nächste Landtagswahl führen könnte. Börschel und Herter? Groschek deutete an, dass man diese beiden Namen wohl auf der Rechnung haben muss: „Sie haben heute wichtige Rollen und morgen vielleicht noch wichtigere.“

Streit um Abstimmungsverhalten

Dass sich Groschek als „Brückenbauer“ hervorgetan hat, unterstreicht auch Karl-Rudolf Korte, Politikprofessor an der Uni Duisburg-Essen. „Er hat so verhandelt, dass das Gewicht des großen Landesverbandes NRW in der SPD auch sichtbar wurde“, lobte der Politikwissenschaftler.

Ohne die NRW-Initiative hätte es in Bonn „wohl keine Mehrheit für den Leitantrag gegeben“, bestätigte Norbert Römer gegenüber dieser Redaktion. Der Fraktionschef zeigte sich außerdem „davon überzeugt, dass es keine Mehrheit für eine GroKo bei einem SPD-Mitgliederentscheid geben wird, wenn es bei den drei zusätzlichen Punkten keine klaren Fortschritte im Koalitionsvertrag geben wird“.

SPD-Bundestagsabgeordnete eher für die GroKo

Der Bochumer SPD Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer wunderte sich indes darüber, dass unter den Parteitagsdelegierten Bundestagabgeordnete aus NRW mehrheitlich für, die meisten Landtagsabgeordneten aber gegen Koalitionsverhandlungen gestimmt hatten. „Solch eine Situation hatten wir in NRW noch nie“, sagte Schäfer.

Er wollte dies zwar nicht kommentieren, fand dann aber doch deutliche Worte: In Bundesangelegenheiten hätten sich SPD-Landtagsfraktion und Fraktionschef Norbert Römer schon oft „weit aus dem Fenster gelehnt“. So habe Römer im Jahr 2016 Sigmar Gabriel als Kanzlerkandidaten vorgeschlagen. „Die Landtagsfraktion hat lange geglaubt, sie sei die Landespartei“, schimpfte Schäfer.

Norbert Römer konterte: „Das ist eine Fehleinschätzung. Wir müssen nun nahe beieinander bleiben und nicht den Eindruck erwecken, wir seien eine zerrissene Partei.“ Aus der Fraktion war zu hören, dass die Bereitschaft der Landtagsabgeordneten, sich zu Delegierten für den Bundesparteitag wählen zu lassen, viel ausgeprägter gewesen sein soll als unter den Bundestagsabgeordneten.