Düsseldorf. Die Realschule soll noch berufsorientierter werden. Deshalb fordern Arbeitgeber, Handwerk und Lehrer, dass Wirtschaft als Pflichtfach eingeführt wird. Derweil appelliert NRW-Schulministerin Barbara Sommer an die Schulen, dass sie ihren Lernstoff entrümpeln.
Arbeitgeber, Handwerk und Realschullehrer setzen sich für die Einführung des Unterrichtsfachs Wirtschaft an den Realschulen in Nordrhein-Westfalen ein. Damit könnte diese Schulform noch berufsorientierter werden, sagten Vertreter der Landesvereinigung der Arbeitgeberverbände, des Westdeutschen Handwerkskammertags (WHKT) und des Realschullehrerverbands (RLV) NRW am Donnerstag in Düsseldorf. Mit einem Modellversuch setze das Land zugleich ein Signal für den Erhalt der Realschulen.
"Abitur als Massenprodukt"
Die drei Verbände mahnten ausdrücklich den Erhalt der Realschulen an. Das «Abitur als Massenprodukt» sei eine «gefährliche Entwicklung», sagte die RLV-Vorsitzende Brigitte Balbach. Ein guter Realschulabschluss könne einem Schulabsolventen bessere Chancen eröffnen als ein schlecht bestandenes Abitur. Die Einführung des Fachs Wirtschaft könne Realschule und Berufswelt noch enger verzahnen.
Aus Sicht der Wirtschaft sind die Realschulen unverzichtbar. Diese Schulen seien ein «bewährtes Sprungbrett» für exzellente Berufs- und Karriereperspektiven, sagte WHKT-Präsident Franz-Josef Knieps. Es sei deshalb besorgniserregend, wenn die Politik zunehmend das Abitur als allein seligmachenden Weg zum beruflichen Erfolg propagiere. Das Handwerk mache seit Jahren sehr gute Erfahrungen mit Realschulabsolventen, die in den allermeisten Fällen über solide Grundkenntnisse und praktische Fertigkeiten verfügten.
Bei Hausaufgabenlast ist Eigeninitiative der Schulen gefordert
Nordrhein-Westfalens Schulministerin Barbara Sommer (CDU) appelliert an die Schulen, endlich ihren Lernstoff zu entrümpeln. Im WDR-Radio sagte die Ministerin am Donnerstag, nicht alles Wissen der Welt könne in zwölf Schuljahre bis zum Abitur gepackt werden. Das Ministerium habe die Kernpläne bereits verschlankt. Damit reagierte die Ministerin auf die Kritik am sogenannten Turbo-Abi. Auch bei der Verminderung der Hausaufgabenlast setzt Sommer auf die Eigeninitiative der Schulen. Sie selbst wolle noch einmal Gespräche mit Schülervertretern führen.
Scharfe Kritik kam von der Opposition. SPD-Fraktionsvize Ute Schäfer sagte in Düsseldorf, Sommers Äußerungen seien nichts anderes, als die Verantwortung am Turbo-Abitur auf die Lehrkräfte abzuschieben. Vielmehr sei die schwarz-gelbe Landesregierung für die «dilettantische Umsetzung des Abiturs in zwölf Jahren mit der Verkürzung der Sekundarstufe I um ein Jahr und der damit verbundenen für Schüler wie Lehrkräfte unzumutbaren Unterrichtsverdichtung in den fünften bis siebten Klassen der Gymnasien» verantwortlich.
Grünen-Fraktionschefin Sylvia Löhrmann nannte es «billig», den Schulen den Schwarzen Peter zuzuschieben. Sommer sei es gewesen, die die für das Turbo-Abitur notwendige Entschlackung der Lehrpläne verbummelt habe. (ddp)