Düsseldorf. Im Streit um die Abkehr vom Turbo-Abitur fordert eine Elterninitiative die Umstellung auch für Mittelstufen-Schüler. Lehrerverbände bremsen.

Trotz der Leitentscheidung der Landesregierung für eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium tobt weiter ein heftiger Streit rund um das Thema G9. Die Elterninitiative „G9 jetzt“ trommelt seit Wochen dafür, mindestens auch die heutigen Jahrgänge 7 und 8 zum Zeitpunkt der Umstellung auf G9 zu berücksichtigen. In Niedersachsen habe das gut geklappt. 300 000 Kinder könnten in NRW so zusätzlich von G9 profitieren. 13 000 Unterschriften hatte die Elterninitiative zuletzt an NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) überreicht.

Die Landesregierung hat andere Pläne. Sie möchte die Umstellung zum Schuljahr 2019/20. Der heutige Viertklässler-Jahrgang, der dann bereits in die sechste Klasse wechselt, soll noch auf G9 umsteigen können.

Psychologe: Schneller Umstieg für alle ist möglich

Als Unterstützung wertet die Elterninitiative eine aktuelle Stellungnahme des Bielefelder Psychologen Rainer Dollase für den Schulausschuss im Landtag. Der Professor hatte 2016 in NRW eine große Umfrage zu G8 und G9 mit 50 000 Teilnehmern durchgeführt. Die Ergebnisse trugen damals dazu bei, dass die Diskussion über G8 wieder Fahrt aufnahm. Dollase plädiert jetzt für einen „schnellen, zügigen und präzisen Umstieg für alle auf G9“. Möglichst viele Gymnasiasten sollten davon profitieren können.

Ganz anders beurteilt die Lehrer-Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) die Lage. Sie lehnt eine „überstürzte Rückkehr“ zu G9 strikt ab. „Eine Veränderung der Schulzeit am Gymnasium braucht eine sorgfältige und gründliche Vorbereitung, um unnötige Unruhe und zu hohe Belastungen von Lehrern und Schülern zu vermeiden. Die Rückkehr zu einer sechsjährigen Sekundarstufe 1 bedarf einer guten Vorbereitung seitens der Landesregierung“, heißt es in einer Stellungnahme der GEW in NRW. Das „Chaos“, das bei der Umstellung auf G8 in den Gymnasien entstanden sei, dürfe sich nicht wiederholen.

Ungeklärte Lage erschwere Eltern die Schulwahl

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) äußert sich ähnlich und sieht zudem ein weiteres Problem: Die Eltern wissen derzeit nicht, welche Gymnasien zu G9 wechseln werden. Das erschwere die Schulwahl. „Die Schulen können sich noch nicht festlegen, weil es noch keine gesetzliche Grundlage für G9 gibt“, sagte VBE-Experte Stefan Behlau dieser Redaktion.