Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht hat die verschärften Strafvorschriften zur Verherrlichung des NS-Regimes gebilligt. Damit können etwa Neonazi-Aufmärsche künftig leichter verboten werden. Die Richter werteten den Eingriff in die Meinungsfreiheit als zulässig, weil er verhältnismäßig sei.
Das Bundesverfassungsgericht hat die Strafvorschriften zur rechtsradikalen Volksverhetzung gebilligt. Die Regelungen griffen zwar in das Grundrecht auf Meinungsfreiheit ein, doch dies sei mit Blick auf den Schrecken, den die NS-Herrschaft über Europa gebracht habe, „ausnahmsweise“ noch zulässig, entschied das Gericht in einem am Dienstag veröffentlichten Grundsatzbeschluss. (AZ: 1 BvR 2150/08) Damit können rechtsextremistische Aufmärsche, bei denen die NS-Diktatur gebilligt oder verherrlicht wird, künftig leichter verboten werden.
Damit wurde die Beschwerde des Ende Oktober verstorbenen NPD-Politikers Jürgen Rieger nachträglich als unbegründet zurückgewiesen. Er hatte geklagt, weil eine von ihm im Jahr 2005 in Wunsiedel angemeldete Veranstaltung zum Gedenken an den Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß verboten worden war.
Bürger müssen rechtem Gedankengut im Diskurs entgegentreten
Die Verfassungshüter verwiesen mit Blick auf die Meinungsfreiheit darauf, dass das Grundgesetz zunächst „auf die Kraft der freien Auseinandersetzung als wirksamste Waffe auch gegen die Verbreitung totalitärer und menschenverachtender Ideologien“ vertraue. Deshalb sei selbst die Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts „als radikale Infragestellung der geltenden Ordnung“ nicht von vornherein verboten. Die Bürger müssten den von dieser Ideologie ausgehenden Gefahren zunächst „im freien politischen Diskurs“ entgegentreten. Die Vorschrift zur Volksverhetzung diene insoweit auch nicht dem Schutz der Bevölkerung vor einer „Vergiftung des geistigen Klimas“.
Die Strafvorschrift zur Volksverhetzung ist laut Karlsruhe jedoch „ausnahmsweise“ zulässig, weil sie verhältnismäßig bleibt: Sie verbiete weder generell „eine zustimmende Bewertung von Maßnahmen des nationalsozialistischen Regimes“, noch eine „positive Anknüpfung an Tage, Orte oder Formen mit gewichtiger Symbolkraft“.
Das Gesetz ziele vielmehr allein auf „die Gutheißung des Nationalsozialismus als historisch real gewordene Gewalt- und Willkürherrschaft“. Diese Gutheißung kann nach Ansicht der Verfassungshüter auch in der glorifizierenden Ehrung einer Symbolfigur der NS-Gewaltherrschaft wie etwa Rudolf Heß liegen. (afp)