Istanbul. Die Opposition in der Türkei wehrt sich gegen den Ausnahmezustand – ohne Erfolg. Erdogan regiert bis Herbst weiter per Notstandsdekret.
Ein Jahr nach dem Putschversuch in der Türkei ist der Ausnahmezustand im Land ein viertes Mal verlängert worden. Eine Mehrheit im Parlament in Ankara stimmte dem Beschluss der Regierung über eine Verlängerung um weitere drei Monate am Montag zu. Damit gilt der nach dem Putschversuch vom Juli vergangenen Jahres verhängte Ausnahmezustand nun mindestens bis zum 19. Oktober. Er ermöglicht es Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, per Dekret zu regieren.
Die beiden größten Oppositionsparteien – die kemalistische CHP und die pro-kurdische HDP – forderten, den Ausnahmezustand sofort aufzuheben. Ohne Verlängerung wäre er an diesem Mittwoch ausgelaufen. Am Montag hatten zunächst der Nationale Sicherheitsrat und dann das Kabinett über die Verlängerung beraten. Beide Gremien tagten unter dem Vorsitz Erdogans. Eine Zustimmung des Parlaments stand nicht in Frage, da Erdogans AKP dort über die absolute Mehrheit verfügt.
150.000 Staatsbedienstete suspendiert oder entlassen
Erdogan hatte bereits am Sonntag bei den
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angekündigt, dass der Ausnahmezustand erneut verlängert werden soll. In der vergangenen Woche hatte Erdogan gesagt: „Wir werden den Ausnahmezustand beenden, wenn wir unser Ziel in der Terrorbekämpfung erreicht haben. Bevor das zu Ende ist, soll keiner von uns erwarten, den Ausnahmezustand aufzuheben.“ Er hatte auch deutlich gemacht, dass er sich dabei nicht an Kritik aus dem Westen orientieren werde.
Seit Verhängung des Ausnahmezustands sind rund 150.000
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worden. Mehr als 50.000 Menschen sitzen wegen angeblicher Verbindungen zur Gülen-Bewegung in Untersuchungshaft. Erdogan macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch verantwortlich. Gülen weist das zurück.
Neue Kommission soll Beschwerden von Entlassenen prüfen
In der Türkei nahm am Montag eine von der Regierung eingerichtete Kommission ihre Arbeit auf, die Beschwerden gegen Entlassungen aus dem öffentlichen Dienst im Zusammenhang mit dem Putschversuch prüfen soll. Der Sender CNN Türk berichtete, Betroffene hätten nun zwei Monate Zeit, ihre Beschwerden einzureichen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat sich bislang nicht mit den Entlassungen beschäftigt, sondern Kläger aus der Türkei aufgefordert, sich zunächst an die neue Kommission zu wenden.
Die Armee teilte mit, bei einem Bombenanschlag der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK in der südosttürkischen Provinz Hakkari seien 17 Soldaten verwundet worden, vier davon schwer. Das Fahrzeug der Soldaten sei am Montag in eine Sprengfalle geraten. (dpa)