Ankara. Vor einem Jahr scheiterte ein Putsch in der Türkei. Erdogan nutzt den Jahrestag für Inszenierungen und Suspendierungen 7500 Beamten.
In der Türkei wird an diesem Samstag im ganzen Land an die Niederschlagung des Putschversuches vor einem Jahr erinnert und der zahlreichen Opfer gedacht. Am Mittag kamen die Abgeordneten im Parlament in Ankara zu einer Sondersitzung zusammen
Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan will in der Nacht zum Sonntag um 02.32 Uhr (Ortszeit/01.32 Uhr MESZ) eine Ansprache in der Nationalversammlung halten, die Putschisten vor einem Jahr zu diesem Zeitpunkt bombardiert hatten.
Die Massenentlassungen dauern derweil in unverminderter Härte an. Per Notstandsdekret wurden am
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, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete. Damit wurden seit dem Putschversuch aus den Reihen des Militärs inzwischen rund 150.000 Staatsbedienstete wegen angeblicher Verbindungen zur Gülen-Bewegung suspendiert oder entlassen. Mehr als 50.000 Menschen sind im Zusammenhang mit dem Umsturzversuch in Untersuchungshaft gekommen.
Gülen wehrt sich nicht gegen Auslieferung
Erdogan macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch vom 15. Juli 2016 verantwortlich.
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. „Im Nachgang dieses tragischen Vorkommnisses wurden die Lebensumstände zu vieler unschuldiger Menschen verdunkelt“, hieß es in der Mitteilung. „Sie wurden widerrechtlich von ihren Arbeitsplätzen entlassen, festgenommen, eingesperrt und sogar gefoltert – alles auf Geheiß der Regierung.“
Hunderttausende Türken protestieren
Gülen war ein Weggefährte Erdogans. Ende 2013 kam es zum offenen Bruch. Erdogan verlangt von den USA die Auslieferung des Predigers. Ob es dazu kommt, ist unklar. Gülen selbst hatte erklärt, er werde sich nicht gegen eine Auslieferung sträuben, sollten die USA so entscheiden.
Gleichzeitig forderte er eine unabhängige Untersuchung der Ereignisse vom Juli 2016. Sollten die Ermittler zu dem Ergebnis kommen, dass er selbst vor Gericht gestellt werden müsse, werde er ebenfalls keinen Widerstand leisten, kündigte Gülen an.
Erdogan: Sind Europa in Sachen Menschenrechte voraus
Vor dem Jahrestag des Putschversuches hatte Erdogan jede Kritik aus Europa an der Menschenrechtslage in seinem Land zurückgewiesen. Die Türkei entspreche in dieser Hinsicht nicht nur den Standards der EU, sondern „wir sind ihnen voraus“, sagte er. Erdogan kündigte außerdem an, dass die Regierung den nach dem Putschversuch verhängten Ausnahmezustand erneut verlängern wolle. Der Ausnahmezustand würde am kommenden Mittwoch auslaufen.
Zugleich griff Erdogan erneut Oppositionsführer und CHP-Chef Kemal Kilicdaroglu an. Zu der nächtlichen Sitzung im Parlament mit Erdogans Ansprache waren die beiden größten Oppositionsparteien – die kemalistische CHP und die pro-kurdische HDP – erst nach Protesten eingeladen worden. Die CHP will nun teilnehmen. Die HDP hat dagegen einen Boykott der Sitzung angekündigt.
Gedenkfeiern und Reden
Neben den Zusammenkünften im Parlament hat das Präsidialamt eine Vielzahl von Veranstaltungen in Istanbul und Ankara angekündigt, bei denen an die Niederschlagung des Putsches erinnert werden soll. Erdogan will in beiden Metropolen Denkmale eröffnen und mehrere Reden halten. Eine Pressekonferenz vor ausländischen Journalisten, die für den Nachmittag geplant war, sagte Erdogan dagegen ohne Begründung ab.
Am Wochenende sollen außerdem wieder „Demokratiewachen“ stattfinden, bei denen Bürger vor einem Jahr öffentliche Plätze besetzten, um sie Putschisten zu verwehren. Die „Demokratiewachen“ sollen bis Mitternacht in der Nacht zum Montag andauern. Bei dem Putschversuch waren nach offiziellen Angaben mindestens 249 Todesopfer zu beklagen.Nach Erdogans Angaben wurden außerdem 35 Putschisten getötet. (dpa)