Istanbul. In der Türkei beginnt das Gedenken an den Putschversuch. Präsident Erdogan plant Feiern mit viel Pathos. Nun meldet sich sein Rivale.
Zum Gedenken an die Niederschlagung des Putschversuches vor rund einem Jahr in der Türkei haben im ganzen Land Feierlichkeiten begonnen.
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und Ministerpräsident Binali Yildirim besuchten am Dienstag einen „Märtyrerfriedhof“ im Istanbuler Stadtteil Edirnekapi, wie der Sender CNN Türk berichtete.
Auf der Grabstätte sind demnach 15 der nach offiziellen Angaben 249 Todesopfer
begraben.
Erdogans Rede um 2.32 Uhr in der Nacht
Bis Sonntag sind im ganzen Land Gedenkveranstaltungen zum Putschversuch geplant. In der Nacht vom 15. auf den 16. Juli wird es bis spät in die Nacht sogenannte „Demokratiewachen“ geben. Höhepunkt ist eine Ansprache von Präsident Erdogan in der Nacht zu Sonntag um 2.32 Uhr (1:32 MEZ) im Parlament. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Parlament vor einem Jahr von Putschisten bombardiert.
Die türkische Führung macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den gescheiterten Putsch verantwortlich. Gülen weist das zurück. Die Gülen-Bewegung gilt in der Türkei als Terrororganisation.
Prediger Gülen wehrt sich
Gülen wies die Vorwürfe am Mittwoch zurück: „Ich habe niemals einen Staatsstreich oder eine Amtsenthebung unterstützt“, sagte er in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Alle Versuche, Erdogan loszuwerden, müssten auf demokratischem Wege erfolgen, nämlich durch friedliche Proteste und Wahlen, ergänzte Gülen. Er verurteilte die Machtanhäufung in den Händen Erdogans und verglich diesen mit einem „Diktator“.
Die Regierungen der USA und der europäischen Länder müssten sich stärker für die Wiederherstellung politischer Freiheiten in der Türkei einsetzen, forderte Gülen, der früher ein Verbündeter Erdogans war.
Er widersprach zugleich Vorwürfen der türkischen Regierung, eine Flucht nach Kanada vorzubereiten, um der von ihr geforderten Auslieferung zu entgegen. „Diese Gerüchte treffen überhaupt nicht zu“, betonte er.
Erdogan ließ Zehntausende entlassen oder verhaften
In Folge des gescheiterten Putsches ließ Erdogan zehntausende Mitarbeiter aus Polizei, Justiz und Verwaltung entlassen oder sogar in Haft nehmen. Regierungskritische Medien wurden verboten oder geschlossen, missliebige Journalisten inhaftiert. Erst am Montag waren 42 Mitarbeiter von zwei Istanbuler Universitäten festgenommen, wie die Nachrichtenagentur DHA berichtete. Unter ihnen sei der regierungskritische Politikwissenschaftler Koray Caliskan, der an der bekannte Bogazici Universität lehrt.
Hunderttausende Türken protestieren
Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu hatte am Sonntag zum Abschluss eines mehr als 400 Kilometer langen
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die Maßnahmen unter dem Ausnahmezustand kritisiert und dessen Aufhebung gefordert. Vor Hunderttausenden Anhängern warf er Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan vor, der Justiz Anweisungen zu erteilen. (dpa/rtr)