Duisburg. . Groschek überzeugte mit einer robusten Rede und entschuldigte sich für die Niederlage bei der Wahl: “Wir haben die Karre vor die Wand gefahren.“
Mit Michael Groschek an der Spitze versucht die NRW-SPD den Neuanfang nach der Wahlniederlage. Der 60-Jährige bekam bei einem Parteitag in Duisburg 85,9 Prozent der Stimmen und tritt als Chef der Landespartei die Nachfolge von Hannelore Kraft an. „Mehr wäre auch gelogen gewesen. Vielen Dank für die Ehrlichkeit“, sagte der Noch-Verkehrsminister anschließend zu den Delegierten. Mit einer kämpferischen Rede konnte Groschek eine deutliche Mehrheit für sich gewinnen – trotz der historischen Niederlage seiner Partei bei der Landtagswahl.
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Die schlechte Stimmung in der NRW-SPD war aber am Wahlergebnis der neuen Generalsekretärin abzulesen. Svenja Schulze bekam nur 68,7 Prozent der Stimmen. 283 Delegierte stimmten für sie, 81 sagten Nein, 47 enthielten sich. Die scheidende Wissenschaftsministerin nahm die Wahl dennoch an und wird Nachfolgerin von André Stinka, der auf das Amt verzichtet hatte.
Bei der Landtagswahl „die Karre in den Dreck gefahren“
Viele Sozialdemokraten waren sich in der Mercatorhalle einig: Michael Groschek hatte bei seiner Bewerbungsrede den richtigen Ton getroffen. Er entschuldigte sich im Namen der Parteispitze gleich mehrfach dafür, bei der Wahl „die Karre in den Dreck gefahren“ zu haben. Er griff gleich zu Beginn CDU und FDP, an die über eine neue Koalition verhandeln und nach dem Vorbild von Baden-Württemberg Studiengebühren für bestimmte ausländische Studenten einführen möchten. „Das ist die Murks-Maut im Bildungssystem“, wetterte Groschek.
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Anschließend leistete er sich noch einen Seitenhieb auf jene Grünen, die sich eher dem bürgerlichen als dem linken Lager zurechnen: „Die Kretschmänner und Kretschfrauen sind nichts anderes als FDP vom Biobauernhof.“ Seiner angeschlagenen Partei riet Groschek zu einer offenen Diskussion über ihre Zukunft: „Wir brauchen einen Neuanfang, der sich gewaschen hat.“
Svenja Schulze kündigt eine „Generalinventur“ der SPD an
„Wir brauchen mehr Streit“, sagte auch Svenja Schulze und kündigte wie der neue Vorsitzende eine „Generalinventur“ der Partei an. Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe, denn die SPD befindet sich praktisch schon im Bundestagswahlkampf für Martin Schulz und hat kaum die Zeit, um sich mit ihren Problemen zu beschäftigen.
Niemand stellte bei dem Parteitag offen infrage, dass die Landes-SPD den versprochenen Neuanfang ausgerechnet vom alten Spitzenpersonal gestalten lassen soll. Allenfalls die Parteijugend – die Jusos – streute bei der Aussprache vorsichtig Kritik ein. Mehrere junge Sozialdemokraten beschwerten sich darüber, dass sie von älteren Parteimitgliedern häufig an den Rand gedrängt würden. „Wir müssen junge Kandidaten schützen und nicht verhindern“, sagte ein Juso.
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Vom „Schulz-Effekt“ war in den vergangenen Wochen wenig zu spüren in der SPD. Am Samstag gelang dem Kanzlerkandidaten in Duisburg aber ein Auftritt, der die Delegierten begeisterte. In Anspielung auf Donald Trumps „Amerika zuerst“ sagte Schulz, dass er als Kanzler „Europa zuerst“ zur Staatsräson machen würde. Ein starkes, einiges, soziales Europa werde das zentrale Thema in seinem Wahlkampf sein. Studiengebühren für Ausländer nannte der SPD-Politiker „unanständig“.
Hannelore Kraft, die nach der Wahl auf alle Parteiämter verzichtet hatte, spielte in den Redebeiträgen keine Rolle. Sie hatte auf eine Teilnahme an dem Parteitag verzichtet.