Berlin/New York. Präsident Obama will nächste Woche persönlich im Glastower an New Yorks East River die Sitzung des UN-Sicherheitsrates leiten, um die Welt auf neue gemeinsame Anstrengungen im Kampf gegen die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen einzuschwören.

Die USA haben dazu eine Resolution vorgelegt, in der zwar kein Staat namentlich genannt wird, in der sich aber sehr wohl Verweise auf frühere Entschließungen der UNO finden – auf die Atomprogramme Irans und Nordkoreas.

Obamas Appell gilt freilich allen 189 Unterzeichnerstaaten des nuklearen Nichtverbreitungsvertrages, ihre Verpflichtungen zu erfüllen und zur atomaren Abrüstung beizutragen. Die Nuklearmächte Israel, Indien und Pakistan sind dem NV-Vertrag stets fern geblieben, die Mini-Atom-Macht Nordkorea hat ihn 2003 aufgekündigt, der Möchtegern-Atombesitzer Iran hat unterschrieben, lässt aber keine UN-Kontrolleure ins Land.

Nukleare Spirale

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© AFP

Mit dem Ende des Kalten Krieges schien die atomare Abrüstung fürs Erste abgehakt zu sein, weil sich die ideologischen Blockgegner nicht länger bedrohten. Doch die nukleare Spirale dreht sich weiter, immer mehr Staaten streben nach der Bombe. Eile ist geboten: Das weltweite Waffen-Kontrollsystem steht auf der Kippe, im Frühjahr 2010 läuft der NV-Vertrag aus. Mit ihrer „Global Zero“–Initiative haben der frühere US-Außenminister Kissinger und mehrere prominente Mitstreiter die etablierten Atommächte USA und Russland an ihre vernachlässigten, im NV-Vertrag enthaltenen Pflichten zur Abrüstung erinnert. Mit seiner viel belächelten Vision einer atomwaffenfreien Welt hat Obama den Ball aufgenommen. Seither laufen zwischen Amerikanern und Russen zähe, gleichwohl auf einen Erfolg zielende Gespräche über eine weitere Reduzierung ihrer nuklearen Sprengköpfe und Raketen.

Trumpfkarte Atomwaffen

Als Trumpfkarten haben Atomwaffen ihre Attraktivität keineswegs eingebüßt: Für China, Indien und Pakistan sind sie Maßeinheiten für politisches Gewicht, auch Russland leitet seinen beanspruchten Großmachtstatus aus seinen nuklearen Arsenalen ab. Und für Frankreich und Großbritannien bleiben die Atomwaffen letzte Relikte verblichener Weltgeltung. Für Schmuddelkinder der Staatengemeinschaft wie Nordkorea ist die Verfügung über die Bombe ein erfolgreiches Werkzeug zur Erpressung diplomatischer, vor allem aber ökonomischer Vorteile. Der Iran sucht sich mit seinem Atomprogramm gegen einen Regimesturz zu wappnen und seine Rolle als Regionalmacht im Mittleren Osten zu festigen.

Unsere multipolare Welt mit etlichen neuen Kraftzentren birgt die unkalkulierbare Gefahr nuklearer Anarchie, sollten diese Entwicklungen außer Kontrolle geraten. Deshalb will Obama mit seiner Bereitschaft zu direkten Gesprächen mit Nordkorea und Iran mögliche neue Chancen zu einem nuklearen Kompromiss ausloten. Dieses Einlenken, sich ohne Vorbedingungen an den Verhandlungstisch zu setzen, ist noch kein Erfolg, wohl aber eine Wende in der amerikanischen Außenpolitik.