Ruhrgebiet. . Mit Blitzern nehmen die Städte im Revier immer mehr ein. ADAC kritisiert: Kommunen wollen nur abkassieren. Interaktive Karte gibt den Überblick.

Die Städte im Ruhrgebiet machen mit Blitzern kräftig Kasse: In vielen Städten sind die Einnahmen aus Geschwindigkeitskontrollen im vergangenen Jahr sprunghaft angestiegen.

Duisburg hat Ende 2015 vier neue stationäre Blitzer in Betrieb genommen. Dortmund möchte sieben neue anschaffen. Auf der A 52-Baustelle zwischen Rüttenscheid und Kettwig blitzt Essen noch bis zum Sommer.

Die Städte nehmen die Raser an immer mehr Stellen ins Visier. „Geschwindigkeit bleibt der Killer Nummer eins“, sagt Innenminister Ralf Jäger. Jeder dritte Verkehrstote im Jahr 2016 war demnach Opfer von zu hoher Geschwindigkeit.

Kritik an Blitzern vom ADAC

„Viele Städte wollen einfach abkassieren“, kritisiert ADAC-Sprecher Peter Meintz. Essens Sprecher Martin Rätzke sieht das anders. Die Blitzer würden in Abstimmung mit der Polizei nur hier aufgestellt: „An Unfallschwerpunkten, Gefahrenstellen und schutzwürdigen Bereichen, in denen Schulen, Kitas, Alten- und Pflegeheime liegen.“ Auch würden Lärmschutz und Vorschläge der Bürger eine Rolle spielen.

Die Gefahrenstellen scheinen in den letzten Jahren allerdings zugenommen zu haben: Hagen hat seine Erträge in einem Jahr auf aktuell über acht Millionen Euro verdoppelt. Allein 135. 000 Autofahrer gingen dem Super-Blitzer auf der A 45 in die Falle. Bottrop steigerte seinen Ertrag in vier Jahren bis 2015 um rund vier Fünftel oder eine Million Euro. 20,52 Euro zahlte jeder Bottroper Einwohner im Schnitt an Verwarn- und Bußgeld.

Auch Dortmund und Duisburg nahmen zuletzt rund ein Drittel mehr ein als noch vor fünf Jahren.

Bochum und Mülheim nehmen weniger ein

„Eine Gewinnmaximierung darf doch nicht das Ziel sein. So werden die Kontrollen unglaubwürdig“, schimpft ADAC-Mann Peter Meintz. Zum Bild gehört allerdings auch: In Essen stagnierten die Einnahmen im Fünfjahresvergleich. Bochum und Mülheim sind die großen Ausnahmen im Ruhrgebiet, sie nahmen rund ein Viertel weniger ein.

Die Polizei kontrolliert auch unabhängig von den Städten. Sie erwischte 2016 in NRW rund 2,1 Millionen Temposünder. Bei geringen Verstößen bis 35 Euro gehen die Einnahmen ans Land. Alles darüber bekommen die Städte. Verkehrsexperten fordern eine andere Art der Bestrafung: Der Führerscheinentzug sei für viele deutlich unangenehmer als der Griff zum Portemonnaie.

Polizei blitzt seltener, Städte öfter

Während die Polizei in NRW auf hohem Niveau blitzt, haben die Städte die Kontrollen gerade im vergangenen Jahr deutlich verstärkt. Die Zahl der Fälle, in denen Raser erwischt wurden, stieg 2016 um fast ein Viertel an.

Der Blitzer-Vergleich zwischen der Polizei und den Städten.
Der Blitzer-Vergleich zwischen der Polizei und den Städten. © DENISE OHMS

Hagen macht mit einem Blitzer auf der A45 Kasse. Nahm die Stadt 2014 noch 2,3 Millionen Euro ein, waren es im vergangenen Jahr über acht Millionen. Somit zahlte jeder Hagener rechnerisch 43,16 Euro Strafe – der absolute Spitzenwert im Ruhrgebiet.

Auf Platz zwei rangiert Bottrop: Dort hat die Stadt 2013 ihre Radarwagen auch mit Frontkameras ausgestattet. So können mehr Raser erfasst werden, die Einnahmen steigen. 2015 nahm die Stadt 2,3 Millionen Euro ein, die Kosten für diese Überwachung sind dagegen gering – rund 18.000 Euro. „Manche Städte blitzen lieber an einer Ausfallstraße als vor einer Kita. Einfach, weil dort mehr Leute zu schnell fahren“, sagt ADAC-Sprecher Peter Meintz.

Sicherheit stehe im Vordergrund

Bochum spricht sich von diesem Vorwurf frei. „Die Anlagen werden nur aus Gründen der Sicherheit betrieben. Der finanzielle Aufwand steht nicht im Fokus“, sagt Sprecher Tanja Wißing. Die Einnahmen würden nur die Kosten decken. Die Kosten, das sind die Gehälter der Mitarbeiter des Straßenverkehrsamtes, sowie Wartungs-, Reparatur- und Eichkosten für die Geräte.

Bei der Polizei in NRW nimmt die Zahl der Geschwindigkeitskontrollen seit zwei Jahren leicht ab – nach einem starken Anstieg in den Vorjahren. 2012 gab es den ersten Blitzmarathon. „Wir setzen un­sere Strategie mit täglichen, intensiven Kontrollen fort“, sagt Nadja Kwasny aus dem Innenministerium. Transparenz sei dabei wichtig: Deshalb veröffentlichen Polizei und Ordnungsamt die Standorte der Kontrollen vorab auf den Internetseiten der Städte.