Växjö. Weil die Landwirtschaft zum Treibhauseffekt beiträgt, diskutieren Europas Agrarminister über rülpsende Rinder und sparsamere Traktoren. Schließlich zählt die Landwirtschaft zu den großen Produzenten von Methan und anderen klimawirksamen Gasen.
Europas Agrarminister beschäftigen sich am Dienstag mit viel Mist – mit Stallmist. Denn die Ausbringung und Lagerung von Gülle sorgt für Treibhausgase – und trägt damit zur Erderwärmung bei. Ein cleveres Dünger-Management und eine Abdeckung von Gülle und Misthaufen kann deshalb genauso zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen wie spritsparende Landmaschinen oder die umweltschonendere Entsorgung landwirtschaftlicher Rückstände – alles Themen, die sich die Landwirtschaftsminister der EU im schwedischen Småland vorgenommen haben.
Die Landwirtschaft zählt zu den großen Produzenten von Methan und anderen klimawirksamen Gasen. Schätzungen über ihren Anteil am Treibhauseffekt reichen von acht bis 20 Prozent geschätzt. Anlass genug für die Landwirtschaftsminister, rechtzeitig vor dem großen Klima-Weltgipfel im Winter in Kopenhagen Möglichkeiten der Schadstoff-Reduzierung zu sondieren.
Abgase von Traktoren und Kühen
Dabei geht es nicht nur um die Abgase von Traktoren, sondern auch von Kühen. Für die Treibhausgabe sorgen nämlich nicht nur die Bauern, sondern auch die Bäuerchen ihres Viehs. Die Wiederkäuer lassen im Zuge der Pansengärung im Schnitt fast zweimal pro Minute Gase ab. Das Rülpsen der Rinder ist - ebenso wie seine Gülle - ein echtes Risiko für das Klima. Denn das Vieh lässt ziemlich viel Gase entweichen, die Wärme in der Atmosphäre rückhalten und deshalb die Temperaturen nach oben treiben.
„Wir können einiges erreichen, wenn Tiere anders gefüttert werden“, erklärt EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel. Einfach nur darauf zu setzen, dass die Zahl der Milchviecher in Europa weiter sinkt, hält sie hingegen für keine Lösung. Denn ein Rückgang der Viehhaltung in Europa würde wahrscheinlich durch ein höheres Angebot in anderen Erdteilen ausgeglichen – womöglich in Regionen, die überhaupt nicht auf Umweltschutz im Kuhstall achten. Fachleute diskutieren derweil darüber, wie sich die Leistung von Rindern steigern oder das Erstkalbalter senken lässt, um eine Verringerung des Bestands bei trotzdem steigender Erzeugung von Produkten zu ermöglichen.
Dass die Landwirtschaft dringend etwas tun muss, davon sind die EU-Minister überzeugt. Schließlich ist die Landwirtschaft nicht nur Mitverursacher des Klimawandels, sondern auch potenziell erstes Opfer höherer Temperaturen. Südeuropa müsse sich auf häufigere Dürren einstellen, warnt die schwedische Ratspräsidentschaft, der Westen der EU hingegen auf mehr Überflutungen. In der nordwestdeutschen Tiefebene sei mittelfristig mit zusätzlichen Trockenphasen zu rechnen, meint Agrar-Staatssekretär Gert Lindemann, während sich zumindest ganz im Norden Deutschlands neue Ertragschancen ergeben könnten, wenn sich Vegetationsperioden verlängern. Das freilich solle keine Empfehlung sein, „Wein im Norden anzubauen“, stellt Lindemann klar.