Belgrad. Radovan Karadzic soll bis zum Jahr 2000 von den USA vor der Verhaftung geschützt worden sein. Das berichtet eine serbische Zeitung und beruft sich auf Informationen des Geheimdienstes CIA. Demnach galt das Schutzabkommen, solange Karadzic sich nicht politisch betätigte.
Der als Kriegsverbrecher angeklagte bosnisch-serbische Ex-Präsident Radovan Karadzic soll bis zum Jahr 2000 unter dem Schutz der USA gestanden haben. Dann habe ihn der US-Geheimdienst CIA dabei ertappt, wie er die als Voraussetzung für diesen Schutz geltenden Vereinbarungen gebrochen habe, berichtete die serbische Zeitung «Blic» am Samstag unter Berufung auf eine US-Geheimdienstquelle.
CIA soll von der Absprache gewusst haben
Die CIA habe ein Telefongespräch abgehört, aus dem klar hervorgegangen sei, dass Karadzic weiterhin seine Serbische Demokratische Partei (SDS) geleitet habe.
Karadzic hatte am Donnerstag vor dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag erklärt, der frühere US-Gesandte Richard Holbrooke habe ihm im Gegenzug zu seinem Rückzug aus dem politischen Leben Schutz vor Verfolgung durch das Tribunal zugesichert. Holbrooke bestreitet eine derartige Vereinbarung.
2000 engagierte sich Karadzic wieder politisch
Die von «Blic» angeführte Quelle erklärte: «Ich bin mir nicht sicher, ob es ein schriftliches Dokument dafür gibt, aber ich weiß andererseits, dass Holbrooke auf höchster Ebene mündliche Garantien für Karadzic abgegeben hat.»
Vor der Parlamentswahl in Bosnien-Herzegowina im November 2000 habe die CIA erfahren, dass Karadzic entgegen den Abmachungen die nationalistische SDS führte. Damals habe im ostbosnischen Bijeljina eine von Karadzic persönlich geleitete Parteiversammlung stattgefunden, auf der er seinen Anhängern Anweisungen gegeben und Leute für Führungspositionen benannt habe.
Ende des "informellen Schutzes"
Aus Verärgerung darüber sei der «informelle Schutz» für Karadzic aufgehoben worden, der ihn auch vor der Festnahme durch andere Geheimdienste wie diejenigen Frankreichs und Großbritanniens geschützt habe.
Der frühere bosnisch-serbische Außenminister Aleksa Buha sagte dem Sender Radio Belgrad am Samstag, der US-Unterhändler in Bosnien-Herzegowina, Richard Holbrooke, habe seinerzeit ihm gegenüber die Abmachung bestätigt und ihm zugesagt, dass Karadzic nicht vor das Kriegsverbrechertribunal komme, wenn er sich nicht politisch betätige.
Vresprechen soll im Jahr 1996 gemacht worden sein
Dieses Versprechen habe Holbrooke während eines Treffens in Belgrad in der Nacht zum 19. Juli 1996 abgegeben, an dem auch der damalige jugoslawische Präsident Slobodan Milosevic, der damalige jugoslawische Außenminister Milan Milutinovic und der frühere bosnisch-serbische Parlamentspräsident Momcilo Krajisnik teilgenommen hätten.
Krajisnik war während der Friedensverhandlungen in Dayton in den USA der ranghöchste Vertreter der bosnischen Serben. Holbrooke war an den Abkommen von Dayton, die den Bosnien-Krieg 1995 beendeten, maßgeblich beteiligt. (afp)