Kassel. Das Bundessozialgericht hat die Rechte von Kassenpatienten gestärkt: Sie haben jetzt ein wirksames Druckmittel gegen lange Wartezeiten in der Hand. Sie können den Missstand ihren Kassen melden und damit eine Zulassung weiterer Ärzte erwirken.

Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung können jetzt wirksam gegen lange Wartezeiten auf einen Arzttermin mobil machen. Denn überlange Wartezeiten rechtfertigen die Zulassung weiterer Ärzte, urteilte am Mittwoch das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. Die Kassen forderten ihre Versicherten auf, lange Wartezeiten zu melden.

Für die Behandlung von Kassenpatienten können sich Ärzte nicht frei niederlassen. Um eine teure Überversorgung zu vermeiden, ist die Zahl der Zulassungen begrenzt. Im Streitfall hatte der für die Zulassungen im Bereich Nordrhein zuständige Berufungsausschuss über diese Grenze hinaus eine Kardiologin in Neuss zugelassen. Denn abgesehen von offenkundig akuten Fällen gebe es Wartezeiten von über zwei Monaten.

Ärzte schaffen sich neue Konkurrenz

Wie nun das BSG bestätigte, sind überlange Wartezeiten ein «sachgerechtes Kriterium», um einen «Sonderbedarf» zu begründen. Ärzte, die Kassenpatienten links liegen lassen, schaffen sich danach selbst neue Konkurrenz, wenn es zu massiven Beschwerden kommt. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) forderte betroffene Versicherte auf, sich an ihre Krankenkasse zu wenden. «Viele Kassen haben schon ein Beschwerdemanagement eingerichtet», sagte GKV-Sprecherin Ann Marini in Berlin.

Im konkreten Fall hatte der Berufungsausschuss nach Überzeugung des BSG die Wartezeiten allerdings nicht ausreichend belegt. Daher soll er die Sache nochmals prüfen. Dabei seien die Krankenkassen gehalten «substanziiert vorzutragen, in welchem Umfang sich ihre Versicherten über zu lange Wartezeiten beschwert haben». Im Zweifel soll aber ein weiterer Arzt zugelassen werden, urteilten die Kasseler Richter. Die Entscheidung habe sich «an den Belangen der Versicherten auszurichten». (afp)