Berlin. Ein Interview von Bundeskanzlerin Merkel in einer Zeitschrift hat die Opposition scharf kritisiert. Darin hatte Merkel Frauen dazu ermuntert, bei Lohnungleichheit beim Chef zu protestieren. Grünen-Spitzenkandidatin Künast sagte, Merkel habe keine Ahnung von der Lebenswirklichkeit der Frauen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist wegen Aussagen zu Einkommensunterschieden zwischen Frauen und Männern in die Kritik geraten. Die frühere Bundesjustizministerin und bayrische FDP-Landesvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sagte dem «Tagesspiegel», die Ursachen für Lohnunterschiede seien «komplexer» als von Merkel dargestellt. «Viel zu viele Frauen arbeiten in Teilzeit und in Minijobs, weil ausreichende Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder fehlen», sagte die FDP-Politikerin. Zahlreiche Studien belegten, dass in «kaum einem anderen europäischen Land so wenige Mütter arbeiten wie in Deutschland.»

Ruf nach den Gewerkschaften

In einem am Montag vorab veröffentlichten Interview der Zeitschrift «Emma» hatte Merkel gesagt, sie «rate jeder Frau, die für die gleiche Arbeit weniger als ihr Kollege verdient, selbstbewusst zum Chef zu gehen und zu sagen: Da muss sich was ändern!» Eine staatliche Regelung der Benachteiligung von Frauen bei den Löhnen lehnte die Bundeskanzlerin als nicht «erfolgversprechend» ab. Die Politik werde aber «immer wieder mahnen und Druck machen.» Auch müssten sich Gewerkschaften «um dieses Problem kümmern und für Verbesserungen eintreten».

Die Grünen-Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl, Renate Künast, sagte, Merkel habe «keine Ahnung von der Lebenswirklichkeit von Frauen.» Sie mache die Frauen zu «Bittstellerinnen, statt ihnen mit Gesetzen den Rücken zu stärken.» Es sei «beschämend, dass Frauen immer noch fast ein Viertel weniger verdienen als Männer.» Nötig sei ein Gleichstellungsgesetz für die Wirtschaft. (afp)