Düsseldorf. . Das NRW-Innenministerium unterfütterte den vermeintlichen Erfolg des Blitzmarathons mit falschen Zahlen. Ein „Zahlendreher“, entschuldigte sich der Minister. Die Opposition glaubt daran nicht.
- Das Innenministerium behauptete, wegen des "Blitzmarathons" gebe es weniger Verkehrstote durch Raserei
- Die Zahlen stellten sich als falsch heraus, Innenminister Jäger sprach von einem "Zahlendreher"
- Die Opposition sieht in der Begründung eine reine Schutzbehauptung
Nach dem Wirbel um falsche Angaben von NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) zur Zahl der Verkehrstoten hat die CDU-Opposition die offizielle „Tippfehler-Theorie“ der Landesregierung als unglaubwürdig kritisiert. „Der Blitzmarathon ist das Prestige-PR-Projekt von Innenminister Jäger. Bei seinen öffentlichen Auftritten am Radargerät inszeniert er jeden Handgriff“, sagte CDU-Innenexperte Theo Kruse. Es sei schwer vorstellbar, dass das Innenministerium ausgerechnet bei der Nennung der Verkehrstoten in der Zeile verrutscht sei, so Kruse.
Jäger hatte vergangene Woche einräumen müssen, mit falschen Angaben seine Öffentlichkeitsarbeit zum umstrittenen Blitzmarathon begleitet zu haben. „Für 2013 und 2014 haben wir in einem Balken-Diagramm versehentlich die gleichen Zahlen eingesetzt. Das bedauere ich“, hatte Jägers Sprecher erklärt. Das Recherchebüro „Correctiv“ hatte die falschen Zahlen aufgedeckt.
Blitzer-Marathon ändert gar nichts
Das Innenministerium behauptete im Februar, die Zahl der durch überhöhte Geschwindigkeit getöteten Verkehrsteilnehmer habe 2013 und 2014 bei jeweils 173 gelegen und sei dann 2015 deutlich auf 159 abgesunken. Damit sollte offenbar der Erfolg des seit 2012 von Jäger eingeführten „Blitzer-Marathons“ mit Geschwindigkeitsmessungen in ganz NRW belegt werden. Tatsächlich gab es 2013 jedoch nur 148 Verkehrstote, also weniger als 2015.
Man habe „einen Fehler gemacht, aber nicht gefälscht“, bekräftigte am Montag ein Sprecher des Innenministeriums. CDU-Mann Kruse mag nicht an Zufälle glauben. Die abnehmende Zahl der Todesfälle durch zu schnelles Autofahren sei „für den vermeintlichen Erfolg des Blitzmarathons von entscheidender Bedeutung“. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass gerade diese Statistik so leichtfertig und fehlerhaft veröffentlicht worden sein soll.
Scharfe Kritik an Aktionismus
Seit 2012 organisiert das Innenministerium mit großem Aufwand den umstrittenen Blitzmarathon. Bei der Großaktion richtet die Polizei landesweit mehrere Tausend Messstellen ein, die vorab jedoch angekündigt werden. Nach scharfer Kritik an dem großen Aufwand und der geringen Zahl der erwischten Autofahrer fiel die Aktion in diesem Jahr deutlich kleiner aus: Es wurde nicht mehr rund um die Uhr geblitzt, die Zahl der Polizeibeamten wurde deutlich reduziert. Andere Bundesländer, die das NRW-Konzept zunächst übernommen hatten, strichen die Großkontrolle bereits wieder wegen Personalknappheit.
Jäger ließ im vergangenen Jahr eine Studie anfertigen, um den verkehrspädagogischen Erfolg des Blitzmarathons zu belegen. Die RWTH Aachen bescheinigte, dass die Wirkung bei Autofahrern zwei Wochen lang anhalte. Im April präsentierte Jäger in der Staatskanzlei ein behindertes Unfallopfer, um die Folgen überhöhter Geschwindigkeit der Öffentlichkeit näher zu bringen.