Düsseldorf. Die sechs Träger der Freien Wohlfahrtspflege in NRW wollen im Januar eine Großkampagne gegen die finanzielle Schieflage an Grundschulen starten.
Der rot-grünen Landesregierung droht im Wahljahr 2017 heftiger Gegenwind von Eltern und Erziehern. Die sechs Träger der Freien Wohlfahrtspflege in NRW planen nach WAZ-Informationen ab Januar eine mehrmonatige Großkampagne gegen die finanzielle Schieflage der Offenen Ganztagsgrundschulen (OGS). Die jährliche Finanzierungslücke betrage mehr als 400 Millionen Euro. Die Landesarbeitsgemeinschaft der Arbeiterwohlfahrt (Awo) spricht bereits von einem drohenden „Kollaps“.
„Wir wollen gegenüber den Betroffenen deutlich machen, dass das Land endlich verbindliche Qualitätsstandards und eine auskömmliche Finanzierung schaffen muss“, sagte Helga Siemens-Weibring von der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe. Wer „Betreuen und Bilden statt Zeit-Totschlagen“ am Nachmittag in der Grundschule wolle, müsse dies auch bezahlen.
Wohlfahrtsverbände stellen 80 Prozent der Plätze
80 Prozent der aktuell landesweit 305. 000 OGS-Plätze für Grundschulkinder werden von den Wohlfahrtsverbänden bereitgestellt. Viele dieser Betreuungsangebote können offenbar nur noch aufrecht erhalten werden, weil große Träger wie Awo, Caritas oder Diakonie sie zurzeit aus eigenen Mitteln querfinanzieren. „Auf Dauer hält das kein Verband durch“, klagte Jürgen Otto, Geschäftsführer der Awo NRW.
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Die Kosten pro OGS-Kind beziffern sich nach Angaben der Wohlfahrtsverbände auf rund 3000 Euro im Jahr. Das Land zahle jedoch nur 994 Euro und der kommunale Pflichtanteil liege bei 435 Euro. Wenn finanzschwache Kommunen keine zusätzlichen freiwilligen Beiträge leisteten, blieben Caritas & Co. regelmäßig auf mehr als 1500 Euro pro Kind sitzen. Bildungschancen der Kinder hingen zunehmend vom Wohnort ab. Gerade dort, wo Familien mit prekären Lebensverhältnissen überrepräsentiert seien, fehle den Städten das Geld für ein hochwertiges Bildungsangebot in der OGS, so Awo-Geschäftsführer Otto.
In NRW sind 90 Prozent der Grundschulen offene Ganztagsschulen. Fast 45 Prozent aller Kinder nehmen das Nachmittagsangebot wahr. Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) verweist stets darauf, dass Rot-Grün die Fördersätze im Zeitraum von 2011 bis 2017 um insgesamt rund 25 Prozent erhöht habe. Laut Wohlfahrtsverbänden können Kostensteigerungen etwa durch Tarifanpassungen für das Betreuungspersonal dennoch kaum aufgefangen werden.