Essen. . Einen Pflegeheimplatz können sich viele Senioren nur über Sozialhilfe leisten: 2013 mussten 41 Prozent der Pflegebedürftigen Hilfe beantragen.
- Durchschnittliches Einkommen eines über 80-Jährigen reicht nur für neun Monate Eigenanteil am Pflegeplatz
- Aktuelle Bertelsmann-Studie zeigt große regionale Unterschiede
- Pflegekosten in NRW sind deutlich höher als etwa in Sachsen – Grund: höhere Lohnkosten
In vielen NRW-Städten sind die Pflegekosten so hoch, dass sich Senioren einen Platz im Altersheim nicht aus eigener Kraft leisten können. Die Bertelsmann-Stiftung rechnet in einer neuen Studie vor, dass das durchschnittliche Einkommen eines über 80-Jährigen in NRW gerade einmal ausreicht, um rund neun von zwölf Monaten im Jahr den Eigenanteil am Pflegeplatz zu bezahlen. In solchen Fällen sind die Pflegebedürftigen auf Hilfe vom Staat oder von der Familie angewiesen. In einigen Ruhrgebietsstädten ist die Lage etwas entspannter.
Die am Mittwoch vorgestellte Studie „Pflegeinfrastruktur“ weist auf große regionale Unterschiede hin. In ostdeutschen Bundesländern oder in Schleswig-Holstein etwa ist das Haushaltsbudget der Senioren mehr als ausreichend. Grund für dieses Gefälle sind die unterschiedlich hohen Pflegekosten: Zahlt der Essener Altenheimbewohner durchschnittlich 148 Euro pro Tag, berechnen Einrichtungen in Sachsen weniger als 100 Euro.
Personalausgaben als Kostentreiber
Kostentreiber seien die Personalausgaben, sagt Stefan Etgeton, Gesundheitsfachmann bei der Bertelsmann-Stiftung: „In NRW werden die meisten Pflegeheime von Wohlfahrtverbänden geführt, die ihre Mitarbeiter meist besser entlohnen.“ 63 Prozent der hiesigen Heime gehören den Wohlfahrtsverbänden und Kirchen.
Dass deshalb das Lohnniveau gesenkt oder gar das Personal ausgedünnt wird, davor warnen die Gewerkschaften und Sozialverbände. Wolfgang Cremer von Verdi sagt: „Das führt uns in der Qualität der Pflege und bei der Suche nach geeigneten Nachwuchskräften ins Abseits.“ Stattdessen gelte es, das Pflegesystem finanziell besser auszustatten, meint auch Stefan Etgeton: „Langfristig müssen etwa die Pflegebeiträge erhöht werden.“
Häusliche Pflege oft günstiger
Professor Christel Bienstein vom Wittener Institut für Pflegewissenschaft warnt, der Preis dürfte nicht darüber entscheiden, wo ein Senior gepflegt wird: „Bei der Wahl zwischen der günstigeren häuslichen Pflege und dem teureren Heimplatz spielt gerade für finanzschwächere Familien aber genau das eine Rolle.“
Der Geschäftsführer des Städtetages Nordrhein-Westfalen, Helmut Dedy, regt an, vor dem Hintergrund der regional sehr unterschiedlichen Kostenstrukturen die Leistungen der Pflegeversicherung um Aufschläge für bestimmte Regionen aufzustocken. „Damit werden nicht immer mehr Menschen pflegebedingt zum Sozialfall.“