Dharmsala. Der Dalai Lama hat zum 50. Jahrestag seiner Flucht China ungewöhnlich scharf angegriffen. Er warf den Chinesen brutale Unterdrückung in Tibet vor. Das tibetische Volk werde wie Kriminelle behandelt und lebe unter ständiger Furcht. China wies die Anschuldigungen zurück.

Der Dalai Lama hat der chinesischen Regierung eine brutale Unterdrückung in Tibet vorgeworfen. Die tibetische Kultur und Identität stünden kurz vor der Auslöschung, sagte das geistliche Oberhaupt der Tibeter am Dienstag in einer Rede zum 50. Jahrestag des Tibet-Aufstands. Das tibetische Volk werde wie Kriminelle behandelt, die den Tod verdienten.

«Auch heute leben die Tibeter in Tibet in ständiger Furcht, und die chinesischen Behörden sind ihnen gegenüber ständig misstrauisch», sagte der Friedensnobelpreisträger in seinem indischen Exil mit ungewöhnlicher Schärfe. China habe seinen Landsleuten die «Hölle auf Erden» bereitet.

Die Gerechtigkeit in Tibet werde aber siegen, wenn «wir weiter den Pfad der Wahrheit und Gewaltfreiheit beschreiten.» Rund 2.000 Zuhörer waren zu der Rede nach Dharmsala gekommen, darunter buddhistische Mönche, tibetische Schulkinder und einige Anhänger aus dem Ausland.

China: Lügenpropaganda

Nach der heftigen Kritik des Dalai Lama warf Peking dem geistlichen Oberhaupt der Tibeter die Verbreitung von Lügenpropaganda vorgeworfen. «Die Clique des Dalai Lama unterscheidet nicht das Richtige vom Falschen. Sie verbreitet Gerüchte», erklärte ein Sprecher des Außenministeriums am Dienstag in Peking. «Die demokratischen Reformen in Tibet sind die umfangreichsten und tiefgreifendsten in seiner Geschichte», fügte er hinzu. Zu den «Lügen des Dalai Lama» wolle er sich nicht weiter äußern.

Protibetische Demonstranten in Australien festgenommen

Bei einer Protestkundgebung für die Unabhängigkeit Tibets lieferten sich Demonstranten und Polizisten in Australien ein Handgemenge. Vier Demonstranten wurden vorübergehend festgenommen. An der Kundgebung am Dienstag in Canberra beteiligten sich rund 300 Demonstranten. Sie zogen vom Parlamentsgebäude zur chinesischen Botschaft und durchbrachen dabei Absperrungen.

Auch in Südkorea gab es eine Protestkundgebung gegen die chinesische Herrschaft in Tibet. Die Demonstranten schwenkten vor der chinesischen Botschaft in Seoul tibetische Unabhängigkeits-Fahnen und trugen Gesichtsmasken mit der Aufschrift «Frieden in Tibet». Auch in anderen asiatischen Städten waren Demonstrationen geplant.

Am heutigen Dienstag jährt sich der Aufstand der Tibeter gegen die chinesische Herrschaft zum 50. Mal. Nach dessen Niederschlagung ging der Dalai Lama ins Exil nach Indien. Der Jahrestag war in Tibet immer ein kritischer Zeitpunkt. Im vergangenen Jahr kam es zu wochenlangen Unruhen, denen nach offiziellen Angaben aus Peking 22 Menschen zum Opfer fielen.

Exiltibeter sprechen allerdings von rund zehn Mal so vielen Todesopfern. Sie verweisen auch darauf, dass sich mehr als 600 der damals festgenommenen Personen noch heute in Haft befänden. Die Internationale Kampagne für Tibet (ICT) legte anlässlich des Jahrestags eine Namensliste der Betroffenen vor und forderte deren sofortige Freilassung. (ap)

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