Essen. Die CDU Ruhr fordert eine Rückführung abgelehnter Asylbewerber durch das Land. Die Kommunen seien oft überfordert. Das Innenministerium widerspricht.

Obwohl die Balkanroute für Flüchtlinge weitgehend blockiert ist, bemerken die Erstaufnahmeeinrichtungen in NRW wieder wachsende Flüchtlingszahlen. Zwar registrierten die Behörden in Dortmund im Januar 2016 noch deutlich mehr als 11. 500 Zugänge – im März waren es nur noch gut 3.700, wie Dortmunds Rechtsdezernentin Diane Jägers (CDU) mitteilt. Dennoch lägen die Zahlen immer noch weit über jenen des Jahres 2014 - und stiegen zudem seit Kurzem wieder an: Mitte März kamen in einer Woche rund 600 neue Flüchtlinge in den Dortmunder Erstaufnahmeeinrichtungen an, ei­ne Woche später stieg ihre Zahl auf knapp 700, Anfang April waren es nach Auskunft der Stadt bereits 868 – die Tendenz sei eindeutig, so Jägers. Offenbar fänden die Schlepper neue und andere Routen. „Meine Sorge ist, dass die Zahlen weiter steigen, wenn das Wetter besser wird. Der Druck wird anhalten, denn die Fluchtursachen sind ja nicht beseitigt“, erklärte Jägers.

Vor diesem Hintergrund adressiert die CDU Ruhr klare Forderungen an die Landesregierung. Zur Entlastung der überforderten Kom­munen müsse das Land Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsstaaten, die bislang in kommunalen Einrichtungen auf den Abschluss ihrer Asylverfahren warten, wieder zurücknehmen und in Landesunterkünften unterbringen. Allein in Dortmund beträfe das rund 2000 Menschen, so Jägers. „Dadurch hätten wir sofort mehr Kapazitäten für Flüchtlinge, die eine Bleibeperspektive haben.“ Das würde die Kommunen personell und finanziell entlasten.

Abgelehnte Asylbewerber sollen in Obhut des Landes NRW

Auch rechtskräftig abgelehnte Asylbewerber aus den Westbalkanstaaten und aus Nordafrika, die derzeit von den Kommunen betreut werden, sollten in Aufnahmeeinrichtungen des Landes gebracht werden. Zudem müssten Abschiebungen konsequenter als bisher vorgenommen werden, und zwar nicht wie bisher durch die „völlig überlasteten“ Ausländerbehörden der jeweiligen Kommune, sondern durch das Land, wie es in dem einstimmig verabschiedeten Antrag auf dem Parteitag der CDU Ruhr heißt. „Da macht sich das Land seit Jahren einen schlanken Fuß“, meint Rechtsdezernentin Jägers.

FlüchtlingeFür die Kommunen seien die Abschiebeverfahren extrem aufwändig. Da die Betroffenen meist nicht über Ausweispapiere verfügten, „müssen wir mit jeder einzelnen Person zum zuständigen Konsulat oder zur Botschaft fahren und über die Rückführung verhandeln“, so Jägers. Das Land hingegen könnte die Verfahren zentral organisieren und die Abschiebungen bündeln. So könnten die Verfahren beschleunigt werden. Jägers: „Das Vollzugsdefizit bei den Abschiebungen belastet Haushalte und Platzkapazitäten der Kommunen.“

Nicht hinnehmbar sei es, dass nach einem Erlass des NRW-Innenministeriums vom Dezember 2014 bei der Erkrankung eines Familienmitglieds von der Abschiebung des gesamten Familienverbunds abgesehen werden müsse. „Wir erleben da regelmäßig, dass auf dem Flughafen das Theater losgeht“, so Jägers. Dadurch verzögere sich der Prozess für alle Personen um Wochen und Monate.

Ruf nach "Teilabschiebungen"

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Sie nennt ein Beispiel: Wenn ein kleines Kind krank werde, müsse deshalb nicht bei einer zwölfköpfigen Großfamilie komplett auf die Abschiebung verzichtet werden, sondern nur bei dem erkrankten Kind und seiner Mutter, erläutert Diane Jägers die Forderung des CDU-Parteitags. Auch „Teilabschiebungen“ müssten „konsequent durchgeführt werden“, entschieden die Delegierten. Der Parteitag forderte die Landesregierung auf, den Erlass, der auch die Abschiebung von Personen über 65 Jahre verbiete, zu streichen.

Das NRW-Innenministerium widersprach der Darstellung der CDU Ruhr. „Einen Erlass des Landes, der Abschiebungen nur im Familienverbund vorsieht, gibt es nicht“, sagte ein Sprecher von Innenminister Ralf Jäger (SPD) dieser Zeitung. Das Land werde außerdem die bestehende Unterstützung der kommunalen Ausländerbehörden künftig noch verstärken. So ist geplant, die drei vom Land finanzierten zentralen Ausländerbehörden in Köln, Dortmund und Bielefeld mit derzeit 95 Mitarbeitern in den Bereichen Ausweisbeschaffung, Transport- und Flugmanagement noch in diesem Jahr um weitere 40 Stellen aufzustocken. Die städtischen Ausländerämter sollen durch die Einrichtung einer zentralen Koordinierungsstelle entlastet werden.

Durch die beschleunigten Asylverfahren für Asylsuchende ohne Bleibeperspektive in den neuen Ankunftszentren seien die Aufgaben der Kommunen schon jetzt gesunken, so der Sprecher.