Düsseldorf.. Wahlrecht mit 16 und einfachere Volksbegehren: Welche Chance haben die Reformpläne für eine neue NRW-Verfassung? Die wichtigsten Punkte im Überblick.
Die fünf Fraktionen im Düsseldorfer Landtag ringen weiter um Änderungen in der NRW-Verfassung. Nach zweijähriger Beratung in einer eigens eingerichteten „Verfassungskommission“ haben sich am Donnerstag die Fraktionschefs auch nach zwei Spitzengesprächen noch nicht über die tiefgreifendsten Reformpläne einigen können.
Noch vor der Sommerpause soll aber ein Gesamtpaket geschnürt werden. Die Landesverfassung kann nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit geändert werden. Die rot-grüne Regierungskoalition benötigt deshalb die Unterstützung von FDP und Piraten oder der CDU.
Hier zentrale Verfassungsänderungen und ihre Chance auf Umsetzung:
Wahlrecht für 16-Jährige auf Landesebene:
Mit der Herabsetzung des Wahlalters könnten rund 350 000 Jugendliche künftig auch auf Landesebene mitbestimmen. Bislang dürfen 16-Jährige in NRW nur auf Kommunalebene wählen. Brandenburg, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein haben das Wahlalter 16 bereits bei Landtagswahlen eingeführt.
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SPD, Grüne und Piraten sind auch in NRW dafür. CDU und FDP haben sich bislang überraschend klar dagegen ausgesprochen. Das Auseinanderdriften von Volljährigkeit (18 Jahre), Jugendstrafrechts-Grenze (21) sowie aktivem (16) und passivem (18) Wahlrecht auf Landesebene sei nicht schlüssig, hieß es aus Fraktionskreisen. Zudem zeigten die Erfahrungen auf Kommunalebene, dass die Wahlbeteiligung 16-Jähriger eher gering sei.
- Umsetzungschance: niedrig
Kommunalwahlrecht für Ausländer:
SPD und Grüne wollen die Verankerung eines Kommunalwahlrechts für Nicht-EU-Ausländer in der Landesverfassung. Nach spätestens fünf Jahren legalen Aufenthalts sollten diese Migranten zumindest auf lokaler Ebene die Möglichkeit zur politischen Mitgestaltung erhalten. Betroffen wären rund 1,1 Millionen Menschen in NRW, darunter allein 450 000 Türken. Bislang dürfen aus europarechtlichen Gründen nur die rund 650 000 EU-Ausländer auf Kommunalebene mitwählen.
NRW wäre das erste Bundesland, das über den EU-Rechtsrahmen hinaus ein kommunales Ausländerwahlrecht einführen würde. CDU und FDP lehnten das bislang ab. Verfassungsrechtlich sei das Vorhaben problematisch. Gut integrierte Migranten sollten sich lieber einbürgern lassen.
- Umsetzungschance: niedrig.
Schuldenbremse:
Ab 2020 gilt die verfassungsrechtliche Schuldenbremse des Bundes auch für die Länder. Das heißt: Neue Kredite sind mit wenigen Ausnahmen verboten. Eine landeseigene Schuldenbremse sendet ein zusätzliches Signal aus, dass der Staat mit seinen Einnahmen endlich auskommen will. Vor allem aber könnten Ausnahmen für neue Schulden wie Naturkatastrophen oder außerordentliche Härten für die Kommunen definiert werden. Im Prinzip sind SPD, Grüne, CDU und FDP dafür, gerungen wird noch um die Verbindlichkeit der Regeln im Verfassungstext.
- Umsetzungschance: groß.
Volksbegehren:
Volksbegehren sollen aussichtsreicher werden. Bislang müssen in NRW mindestens 1,1 Millionen Bürger ein Volksbegehren unterschreiben, damit es zu einem Volksentscheid kommen kann. Das kostet mehr als eine Million Euro und wird fast nie erreicht. Grüne und Piraten wollen die jetzt bei acht Prozent der Stimmberechtigten liegende Hürde für erfolgreiche Volksbegehren auf zwei Prozent senken. SPD, CDU und FDP sind gesprächsbereit, wenngleich die Hürde nicht zu niedrig und Finanzentscheidungen von Volksbegehren ausgenommen bleiben sollen.
- Umsetzungschance: mittel.
KommunenVerfassungsklagerecht:
Anders als vor dem Bundesverfassungsgericht kann man vor dem NRW-Verfassungsgerichtshof in Münster nicht direkt Klage einreichen. Entweder lassen Landtagsfraktionen bei den höchsten NRW-Richtern Gesetze überprüfen, oder die sieben NRW-Verwaltungsgerichte legen strittige Fragen zur Grundsatzentscheidung vor. Die FDP macht sich für ein Individualklagerecht stark, so dass deutlich mehr Fälle in Münster landen würden. Das NRW-Verfassungsgericht, das sich bislang nebenberuflich konstituiert, müsste neu aufgestellt werden.
- Umsetzungschance: mittel.
Ministerpräsident ohne Landtagsmandat:
Anders als auf Bundesebene oder in anderen Bundesländern muss in NRW der Regierungschef zwingend auch Mitglied des Landtags sein. Die Grünen wollen diesen Parlamentszwang aufheben, damit zum Beispiel auch profilierte Bundesminister in NRW Ministerpräsident werden könnten. SPD und CDU lehnen das ab, weil sie darin eine Abwertung des Düsseldorfer Parlaments sehen.
- Umsetzungschance: niedrig