Düsseldorf. “Friedlich“ hatte die Kölner Polizei die Silvesternacht genannt. Der Untersuchungsauss des Landtags legte jetzt aber ein Kommunikationschaos offen.
- Im Landtag tagte der Untersuchungsausschuss zu den Kölner Übergriffen
- Schwere Kommunikationspannen zwischen Ordnungsamt und Polizei
- Ordnungsdienstleiter räumt Sicherheitslücke ein
In der Silvesternacht in Köln gab es im Zusammenhang mit sexuellen Übergriffen auf Frauen offenbar ein Kommunikations-Chaos zwischen dem Ordnungsamt und der Polizeibehörden. Außerdem verfügte die Stadt über kein abgestimmtes Sicherheitskonzept. Nach Angaben des ersten Zeugen im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) des Landtags, Kölns Ordnungdienstleiter Jörg Breetzmann, hatte das Ordnungsamt am Silvesterabend keine Kräfte auf dem Bahnhofsvorplatz.
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Breetzmann kritisierte, dass die Kölner Behörde von der Bundespolizei in der Silvesternacht nicht einmal über die einstündige Sperrung des Schienenverkehrs informiert wurde, nachdem Menschen auf die Gleise gelaufen waren. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) hatte der Stadt ordnungspolitisches Versagen vorgeworfen, weil die Kommune die Hohernzollernbrücke nicht frühzeitig gesperrt hatte, so dass Polizeikräfte eingreifen mussten, die am Bahnhofsvorplatz gebraucht wurden.
Bahnhofsvorplatz-Sicherheit war „kein Bestandteil der Einsatzplanung“
„Die Stadt hat keine Sperrung abgelehnt“, widersprach Breetzmann dem Minister „Hätte die Polizei gesagt, sofort sperren, hätten wir das gemacht.“
Nach Angaben Breetzmanns war die Sicherheit auf dem Bahnhofsvorplatz „kein Bestandteil der Einsatzplanung“. Als Verbindung zur Landespolizei diente dem Amt lediglich ein Funkgerät, es gab keinen Verbindungsmann wie bei großen Krisenlagen. Die Stadt Köln hat inzwischen Konsequenzen gezogen. Künftig gibt es ein Koordinierungsteam aller Polizei- und Ordnungsbehörden. Außerdem übernimmt die Stadt als „fiktiver Veranstalter“ die Zuständigkeit für die Großveranstaltungen. „Es gab eine Sicherheitslücke, die wir vorher nicht gesehen haben“, räumte Breetzmann ein, der sich Silvester im Urlaub befand.
Massenübergriffe waren angeblich zunächst nicht bekannt
Die damalige Sprecherin der Kölner Polizei, Martina Kaiser, musste sich im Ausschuss kritischen Fragen stellen, warum sie trotz zahlreicher Übergriffe in der Silvesternacht am Neujahrsmorgen um 8.59 Uhr die verharmlosende Polizeimeldung verbreitet hatte: „Ausgelassene Stimmung – Feiern weitgehend friedlich.“ Sie habe von den Massenübergriffen zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis gehabt, verteidigte sich Kaiser. Auch habe sie nicht vertuschen wollen, dass viele Tatverdächtige aus Nordafrika stammten. Am Morgen habe die Leitstelle der Polizei nur drei sexuelle Übergriffe gemeldet – das sei nicht ungewöhnlich bei Kölner Großveranstaltungen. Inzwischen liegen der Staatsanwaltschaft aber 1100 Anzeigen zu Übergriffen und Diebstählen in der Silvesternacht vor.
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Nach mehreren Gesprächen mit dem später entlassenen Kölner Polizeipräsidenten Wolfgang Albers und ersten Medienanfragen hatte Kaiser erst am 2.Januar zahlreiche Übergriffe bestätigt. Kaiser stellte klar, dass die Nationalität der Tatverdächtigen für die Polizei bei Meldungen zunächst keine Rolle spiele, weil der Medienerlass in NRW die Polizei zur Neutralität verpflichtet. Kaiser hat ihr Amt im Januar aufgegeben.
Viele Übergriffe auf dem Bahnhofsvorplatz
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 106 Beschuldigte – dabei handelt es sich weit überwiegend um Asylbewerber. Mindestens ein Drittel der Übergriffe soll sich im Hauptbahnhof ereignet haben. Zuletzt hatte es auch massive Kritik an den Polizeibehörden gegeben, weil offenbar in der Nacht niemand den Überblick über die Vorgänge rund um den Bahnhof hatte.
Der Live-Ticker zum Untersuchungsausschuss zum Nachlesen:
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