Düsseldorf. Die Silvesternacht in Köln wird den Landtag noch lange beschäftigen. Jetzt soll ein Untersuchungsausschuss Verantwortlichkeiten und Versäumnisse beleuchten.

Die Silvester-Schreckensnacht in Köln wird von einem Untersuchungsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags aufgearbeitet. Das hat das Landesparlament am Mittwoch mit großer Mehrheit beschlossen. Der Ausschuss soll klären, warum die Polizei am Kölner Hauptbahnhof massenhafte Übergriffe auf Frauen nicht verhindern konnte. Hinterfragt werden Einsatzplanung und politische Verantwortlichkeiten sowie die allgemeine Sicherheitslage in NRW. Die Opposition will auch die Organisationsverantwortung des Innenministers Ralf Jäger (SPD) in den Fokus nehmen.

Sowohl die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen als auch die Oppositionsfraktionen von CDU und FDP stimmten dafür. Die Piraten enthielten sich. "Wir brauchen keinen erneuten Missbrauch der Opfer zu Wahlkampfzwecken", sagte ihr Fraktionschef Michele Marsching. "Wir sagen: Jäger muss weg. Der Innenminister muss Platz machen für was Neues, und zwar für Lösungen." Das Land sei destabilisiert. Jäger hatte dagegen der Kölner Polizei schwere Fehler vorgeworfen und wenige Tage nach den Vorkommnissen den damaligen Kölner Polizeipräsidenten in den einstweiligen Ruhestand versetzt.

Ermittlungen gegen 35 Personen

Bis zur vergangenen Woche lagen der Polizei in NRW bereits über 1000 Strafanzeigen zu Sexual-, Raub- und Diebstahlsdelikten in der Silvesternacht vor. Der weit überwiegende Teil der Straftaten wurde am Kölner Bahnhof verübt. Die Staatsanwaltschaft der Domstadt ermittelt mittlerweile gegen 35 Beschuldigte. Neun Nordafrikaner sitzen unter dringendem Tatverdacht in Untersuchungshaft. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Täter der Silvesternacht Migranten nordafrikanischer oder arabischer Herkunft sind.

Der Ausschussvorsitzende Peter Biesenbach will viele Zeugen laden und geht von einem hohen Arbeitspensum des Gremiums aus. Sitzungen ein Mal pro Woche reichten wohl nicht aus, da ab Herbst schon der Abschlussbericht vorbereitet werden müsse, betonte er.

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SPD und Grüne sagten lückenlose Aufklärung zu. Der Untersuchungsausschuss sei aber weder "Ort für parteipolitisches Kalkül" noch für "Vorwahlkampf", warnte der SPD-Abgeordnete Hans-Willi Körfges. Die Grünen wollen auch alltäglichen Sexismus thematisieren. "Das geschieht vieltausendfach oft im Verborgenen und ohne dass Täter zur Rechenschaft gezogen werden", sagte der Grünen-Abgeordnete Matthi Bolte.

"Durch den Mut der Frauen sichtbar gemacht"

Die Piraten wollen trotz ihrer Kritik im Ausschuss mitarbeiten. "Wir werden die Opfersicht einnehmen", kündigte Marsching an. Die kämen im Untersuchungsauftrag kaum vor. Die SPD-Abgeordnete Britta Altenkamp nannte das "missbräuchlich und anmaßend". Opfer dürften nicht als "Vehikel für Parteiauseinandersetzungen" instrumentalisiert werden.

In einer anschließenden Parlamentsdebatte über sexualisierte Gewalt dankte Frauenministerin Barbara Steffens (Grüne) den Opfern für deren Bereitschaft, Anzeige zu erstatten. "Erstmals wird so ein dramatisches Ereignis wie in Köln durch den Mut der Frauen auch sichtbar gemacht." Die Dunkelziffer bei sexualisierter Gewalt sei sehr hoch. (dpa)