Düsseldorf. Rechtsextreme werden radikaler, warnt NRW-Innenminister Ralf Jäger. Er kritisiert, dass in der Zivilgesellschaft zu viele schweigen.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger warnt vor einer Radikalisierung der organisierten Rechtsextremen. „Die Szene wird militanter“, warnt der SPD-Politiker. „Die Zahl der Veranstaltungen und Demonstrationen, die Hass und Wut auf Flüchtlinge schüren, hat deutlich zugenommen.“ Zwar habe sich „der harte Kern des organisierten Rechtsextremismus“ nicht vergrößert. Die Szene versuche aber zunehmend, mit ihren Parolen die bürgerliche Gesellschaft an sich zu binden.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) auf einer Pressekonferenz in Düsseldorf: Er warnt vor einer weiteren Radikalisierung von rechtsextremen Gruppen.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) auf einer Pressekonferenz in Düsseldorf: Er warnt vor einer weiteren Radikalisierung von rechtsextremen Gruppen. © dpa

„Wir stellen fest, dass sich eine bisher eher passive fremdenfeindliche und islamfeindliche Gesinnung immer mehr in konkreten Aktionen niederschlägt“, erläuterte Jäger. „Allein in NRW mussten wir seit Anfang des Jahres 187 Übergriffe auf Flüchtlingseinrichtungen feststellen.“ Nach Angaben des Ministeriums ist das mehr als eine Versechsfachung gegenüber dem Vorjahr (29). Dabei sei allerdings zu berücksichtigen, dass sich im selben Zeitraum auch die Zahl der Flüchtlingseinrichtungen des Landes auf rund 250 verzehnfacht habe.

Jäger: Im Internet fehlt die soziale Kontrolle

Bundesweit hat sich die Zahl fremdenfeindlicher Gewalttaten in den vergangenen fünf Jahren fast verdoppelt. Im vergangenen Jahr waren es nach Zahlen des Bundesinnenministeriums 512 Fälle – davon 106 in Nordrhein-Westfalen. Er sehe mit großer Sorge, dass organisierte Rechtsextremisten – etwa die NPD, „Die Rechte“ oder „Pro NRW“ – gezielt den ideologischen Nährboden für rechtsextremistisch motivierte Kriminalität bereiteten, betonte Jäger.

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„Besonders erbärmlich finde ich die schamlose Hetze gegen Flüchtlinge, Muslime und Ausländer in den sozialen Medien“, sagte der Minister. „Die oft zitierten Stammtischparolen werden heute im Internet gedroschen – noch radikaler und noch menschenverachtender als je zuvor. Hier fehlt die soziale Kontrolle.“

Der Mob stachele sich gegenseitig an und werde in seinen Ausfällen immer aggressiver. „Irgendwann glauben sie tatsächlich, sie würden eine angeblich schweigende Mehrheit der Bevölkerung vertreten.“ Tatsächlich sei die Mehrheit der Gesellschaft aber gastfreundlich und tolerant. Die Zivilgesellschaft müsse allerdings zusammenstehen und dürfe sich nicht von Rechtsextremisten verunsichern oder gar einschüchtern lassen. (dpa)