Witten. In Pflegeheimen herrscht ein eklatanter Personalmangel. Gerade während der Nachtschichten sind die Heime oft sehr schlecht besetzt.

In deutschen Pflegeheimen sind die Pflegekräfte nachts im Schnitt allein für 52 Menschen zuständig. Damit bleiben den Pflegekräften zwölf Minuten für jeden Patienten pro Nacht für Inkontinenzversorgung, Verabreichung von Medikamenten und weitere Hilfen, wie aus der am Mittwoch präsentierten Untersuchung der Universität Witten-Herdecke hervorgeht. „Das ist Stress pur“, erklärte die Leiterin der Studie, Christel Bienstein. Alleine die vorgeschriebene Desinfektion der Hände vor und nach 100 solcher Tätigkeiten dauere insgesamt fast zwei Stunden. Meist gebe es für das Personal keine Entlastung durch einen Hintergrunddienst.

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Von Christopher Onkelbach

„Wer für 52 Personen in der Nacht zuständig ist, muss damit rechnen, dass - so wie es in Altenheimen meist aussieht - hinter 26 Türen jederzeit jemand beim Weg zur Toilette stürzen kann“, sagte Bienstein.

In einigen Fällen sieht der Versorgungsschlüssel noch schlechter aus. 8,7 Prozent der befragten Nachtdienstler gaben an, sogar für über 100 Heimbewohner zuständig zu sein. Es sei nicht verwunderlich, dass ein Viertel der Befragten angab, dass in ihrer Einrichtung freiheitsentziehende Maßnahmen wie Bettgitter oder Schlafmittel eingesetzt werden, hieß es.

Wenig Zeit, sich um sterbende Patienten zu kümmern

Knapp zwei Drittel der Befragten (60 Prozent) gaben an, sich „häufig oder „sehr oft“ um herumirrende Patienten mit Demenz kümmern zu müssen. 65 Prozent der Nachtdienstler in Pflegeheimen beklagten, sich nicht ausreichend um sterbende Patienten kümmern zu können.

Die beteiligten Forscher fordern, dass in der Nacht in einem Pflegeheim mindestens zwei bis drei qualifizierte Kräfte für 60 Bewohner anwesend sein sollten. Jede Einrichtung müsse einen hoch qualifizierten Hintergrunddienst bereitstellen, der jederzeit eingreifen könne. Notfallleitlinien, ein ärztlicher Hintergrunddienst und eine stetig lieferbereite Apotheke seien eine erforderliche Grundlage, hieß es. Mehr als vier Nächte hintereinander sollten Pflegende nicht die Verantwortung für Heimbewohner übernehmen. (dpa)