Düsseldorf. . Viele Flüchtlinge entziehen sich einer Registrierung in NRW und reisen weiter in andere Bundesländer oder nach Belgien und Schweden.
Tausende Flüchtlinge tauchen noch vor der Registrierung in NRW unter. Asylbewerber flüchten aus Zügen und Bussen oder verlassen zugewiesene Unterkünfte, weil sie zu Verwandten und Freunden in anderen Bundesländern oder nach Schweden und Belgien ziehen. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) kritisierte, dass die Bundespolizei bisher nur zehn Prozent der Flüchtlinge mit Fingerabdrücken registriert. „In Zügen aus Bayern ist gerade die Hälfte der Asylbewerber identifiziert“, sagte Jäger dieser Redaktion. Jäger hofft, dass die in der Großen Koalition vereinbarten neuen Registrierungszentren Missstände beseitigen helfen.
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Die Fälle von spurlos verschwundenen Flüchtlingen häufen sich: Ein Zug aus München fuhr mit 800 Flüchtlingen aus Eritrea, den Balkan-Staaten, Indien und Bangladesch los – am Ankunftsort Dortmund waren nur knapp die Hälfte an Bord. In Unterkünften verschwinden über Nacht Flüchtlinge, die nicht in der jeweiligen Stadt bleiben wollen. Weil die verschwundenen Asylbewerber keinen Anspruch auf Geld oder Unterkunft haben, tauchen sie in die Anonymität bei Verwandten ab. Die Behörden können die für Asylbewerber geltende Residenzpflicht nicht durchsetzen.
Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Andre Schulz schätzt, dass rund zehn Prozent der Flüchtlinge straffällig werden. Viele junge Männer kämen aus der Perspektivlosigkeit nach Deutschland und fänden auch hier keine neuen Chancen, sagte Schulz der „Welt“. Innenminister Jäger hat aber nach eigenen Angaben „keine Erkenntnisse, dass Flüchtlinge krimineller sind als Deutsche“. Jäger geht davon aus, dass drei bis vier Prozent der Flüchtlinge kriminell werden. Das entspräche der Quote der Bevölkerung in Deutschland.
Sorgen um ausbleibende Impfungen
Die Befürchtung, dass zahlreiche verschwundene Flüchtlinge eingeschleuste IS-Kämpfer seien, hält Jäger für eine wenig glaubhafte „Tatarenmeldung“. Er habe bisher keine Hinweise darauf, sagte Jäger. Konkreter sind die Sorgen der Gesundheitsämter, dass Flüchtlinge, die schon vor der Impfung verschwinden, Krankheiten einschleppen könnten. So wächst die Angst, dass auch mit Tuberkulose infizierte Personen abtauchen.
NRW hat 2015 mehr als 205.000 Asylbewerber aufgenommen. Mitte Oktober waren die 64.000 Plätze in Unterkünften mit 57.000 Flüchtlingen belegt. Von 53.000 Ausreisepflichtigen, deren Asylantrag abgelehnt wurde, haben 11.400 einen Hinderungsgrund für die Abschiebung (Krankheit etc.). NRW hat 2015 rund 3000 Personen abgeschoben.