Essen. . Rund 800 Christdemokraten, darunter 175 aus NRW, nehmen die Kanzlerin gegen innerparteiliche Kritiker in Schutz. Auch Rita Süssmuth gehört dazu.

Zahlreiche CDU-Mitglieder aus ganz Deutschland stellen sich demonstrativ hinter die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel. Inzwischen haben rund 800 Christdemokraten einen „offenen Brief“ an die Kanzlerin unterschieben und sie gegen parteiinterne Kritiker in Schutz genommen. 175 dieser Unterzeichner kommen aus Nordrhein-Westfalen. Die Initiative trägt den Titel „Wir schaffen das“. Sie ist eine Antwort auf einen „Brandbrief“, in dem Anfang Oktober Dutzende Kommunal- und Landespolitiker der Union Merkel zu einem radikalen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik aufgefordert hatten.

„Wir brauchen keine neuen Mauern, sondern mehr Gerechtigkeit und Solidarität“, heißt es in der Pro-Merkel-Initiative. Die Kanzlerin solle bei ihrer Position bleiben, auch wenn ihr „aus politisch-taktischen Gründen“ suggeriert werde, „einen radikalen Kurswechseln vorzunehmen und Deutschland zu einem Bollwerk gegen Flüchtlinge zu machen“.

In NRW haben unter anderem die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth, die ehemalige Landtagspräsidentin Regina van Dinther sowie der Hammer Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann den offenen Brief unterschrieben. Verfasst wurde er von Regina Görner (stellvertretende Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft CDA), Armin König (Bürgermeister der Gemeine Illingen im Saarland und Udo Recktenwald (Landrat St. Wendel, Saarland).

Süssmuth: „Es geht um gelebte Demokratie“

Rita Süssmuth sagte dieser Redaktion: „Ich unterstütze Angela Merkel, weil ihr Ziel auch mein beziehungsweise unser Ziel sein muss. Sie hatte alles auf eine Karte gesetzt. Sie hat nicht gesagt: ,Ich schaffe das’, sondern ,Wir schaffen das’“ Sie vertraut unseren Stärken als Menschen und Bürger, unserem Verstand und unserer Tatkraft. Es geht um gelebte Demokratie. Wir brauchen Führung und Orientierung, vor allem aber, breite verantwortliche Beteiligung. Jeden Tag kommt es darauf an, mit allen im Land daran zu arbeiten, Flüchtlingsprobleme zu reduzieren und zu lösen. Dann kann es nicht mehr heißen, es überfordert uns, wir sind erschöpft.“

„Dieser Brief spricht mir aus dem Herzen“, sagte Peter Renzel, Sozialdezernent der Stadt Essen, zur WAZ. Renzel hatte über eine Facebook-Seite von dem Schreiben an die Kanzlerin erfahren und sofort unterschrieben. „All das Gerede über Obergrenzen für Flüchtlinge hilft nicht. Das Grundgesetz ist da ganz eindeutig, es kann keine Obergrenzen geben“, so Renzel.

Kritik an Schwerpunkt-Unterkünften in NRW

Der Essener Beigeordnete sieht aber dringenden Handlungsbedarf bei den Flüchtlingen aus so genannten sicheren Herkunftsländern an. Die Pläne der Landesregierung, Flüchtlinge aus den Westbalkan-Ländern in vier

Schwerpunkt-Unterkünften unterzubringen, ist aus Sicht von Renzel „nur ein Luftballon“. Vier Einrichtungen für 1200 Asylbewerber reichten nicht. „50 Prozent der Flüchtlinge in unseren städischen Dauerunterkünften kommen aus dem Westbalkan. Das sind alleine in Essen 1300 Menschen“, erklärte Renzel.

Die Stimmung in der CDU beim Thema Flüchtlinge ist laut Renzel „sehr unterschiedlich“. Armin König, Mit-Autor des Briefes an Merkel, freut sich über die große Resonanz. Hier stellten sich „Klarheit und Offenheit gegen Hetze und Polemik“.