Köln. Feiern mag in Köln nach der Wahl niemand. Die neue Oberbürgermeisterin Henriette Reker liegt auf der Intensivstation. Viele Fragen sind offen.

Nach ihrer Wahl zur neuen Kölner Oberbürgermeisterin ist völlig unklar, wann Henriette Reker ihr Amt antreten kann. Nachdem sie bei einer Wahlkampfveranstaltung am Samstag von einem 44-Jährigen niedergestochen wurde, liegt Reker auf der Intensivstation. Während in Köln am Sonntag ihr Sieg verkündet wurde, hatten Ärzte eine langsamen Aufwachphase aus dem künstlichen Koma eingeleitet, wie ein Sprecher der Politikerin sagte. Die behandelnden Mediziner erklärten, ihr Genesungsprozess brauche eine gewisse Zeit.

Bis zur Genesung Rekers werden fünf Politiker sie in ihrem Amt vertreten. Stadtdirektor Guido Kahlen übernehme als allgemeiner OB-Vertreter die Verwaltungsführung und sei zuständig für "alles, was eine juristische Unterschrift braucht", sagte eine Stadt-Sprecherin am Montag auf Anfrage. Die vier Bürgermeister - Elfi Scho-Antwerpes (SPD), Hans-Werner Bartsch (CDU), Andreas Wolter (Grüne) und Ralf Heinen (SPD) - wechseln sich ab bei Repräsentationsaufgaben und dem Ratsvorsitz.

Mutmaßlicher Attentäter "Randperson im rechtsextremen Bereich"

Unterdessen hat der Verfassungsschutz seine Einschätzung zum mutmaßlichen Attentäter öffentlich gemacht. Der 44-Jährige sei in den vergangenen Jahren "ab und zu Mal im Internet aufgetaucht, aber er war eher eine Randperson in diesem Bereich", sagte der Chef des NRW-Verfassungsschutzes, Burkhard Freier, am Montag im WDR-Hörfunk. In den 1990er-Jahren habe es Hinweise gegeben, dass sich der Mann der rechtsextremen Szene, insbesondere der inzwischen verbotenen FAP anschließen wollte.

1994 nahm der Mann laut Verfassungsschutz an einem sogenannten "Rudolf-Heß-Gedenkmarsch" in Luxemburg teil und wurde dort von der Polizei in Gewahrsam genommen. 2008 habe er Interesse an der NPD gezeigt. In jüngster Zeit sei er sporadisch in rechtsgerichteten Online-Foren in Erscheinung getreten.

Im Internet gebe es eine unglaubliche Zunahme der Hetze gegen Flüchtlinge und Aufnahmeeinrichtungen. Wenn man im Internet so etwas wie virtuellen Applaus für seine Hetze erhalten habe, dann könnten "schnell aus Worten Taten werden", sagte Freier weiter. Viele der Täter kämen gar nicht aus dem organisierten Rechtsextremismus, sondern aus dessen Umfeld. "Wir gehen davon aus, dass rechtsextremistische Parteien und Organisationen diese Hetze im Internet bewusst schüren."

Erste Oberbürgermeisterin von Köln

Der Angreifer sitzt wegen versuchten Mordes in Untersuchungshaft. Er hatte laut Polizei fremdenfeindliche Motive als Auslöser für seine Tat genannt.

Die parteilose Politikerin Reker war nach dem Attentat am Samstagmorgen mit schweren Verletzungen notoperiert worden. Einen Tag später wurde sie mit knapp 53 Prozent als erste Frau zur Oberbürgermeisterin der viertgrößten deutschen Stadt gewählt worden. (dpa)