Izmir. Perfides Geschäft: In der Türkei sollten nutzlose Schwimmwesten an Flüchtlinge verkauft werden, bevor diese die Überfahrt nach Griechenland antreten.

Sie sollen Menschenleben retten. Stattdessen bringen sie Menschen in Lebensgefahr. Die türkische Polizei hat in den vergangenen Tagen in Izmir und anderen Städten an der Ägäisküste Tausende gefälschte Rettungswesten sichergestellt, die dort an Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan und anderen Ländern verkauft werden sollten, bevor die Menschen die gefährliche Überfahrt zu einer der griechischen Inseln antreten. Die leuchtend orange eingefärbten Westen versprechen Sicherheit, wenn eines der Flüchtlingsboote – was immer wieder vorkommt – auf der oft stürmischen Überfahrt kentert oder vor einer der Inseln von der Brandung an eine Felsküste geworfen wird und sinkt.

Die Schwimmwesten sind inzwischen ein Verkaufsschlager in vielen Läden. Selbst Andenkenhändler, Elektrogeschäfte und Gemüseverkäufer haben sie in ihr Sortiment aufgenommen. Auch fliegende Händler, darunter viele syrische Flüchtlinge, bieten die Westen an.

30 Euro für eine Weste

Rund 100 türkische Lira, umgerechnet etwa 30 Euro, kostet eine solche Weste. Aber es gibt auch Sonderangebote, die nur halb so viel oder ein Drittel kosten. Auf diese Billigwesten hat nun die Polizei ein Auge geworfen. Denn im Notfall retten sie ihren Träger nicht – sondern bringen ihn um. Während die regulären Westen mit extrem leichten Kunststoffen wie Styropor gefüllt sind und so auch einen Nichtschwimmer über Wasser halten, sind die gefälschten Westen mit Schaumstoff gefüllt, der sich sofort mit Wasser vollsaugt. Sie sind keine Auftriebshilfe, sondern ein Ballast, der einen Menschen in die Tiefe zieht.

Auch interessant

Allein in Izmir haben die Polizeibehörden rund 1500 dieser tödlichen Rettungswesten sichergesellt. Bei Razzien in anderen Küstenstädten wurden weitere Exemplare entdeckt. Nach türkischen Medienberichten sind die Ermittler den Herstellern der gefälschten Westen, die bekannte Markennamen tragen, auf der Spur. Es soll sich um eine Bande von fünf Tätern handeln.

Nach Angaben der UN-Flüchtlingsagentur UNHCR sind 2015 bereits 530.000 Menschen über das Mittelmeer nach Europa gekommen. Allein im September waren es 168.000, fünfmal so viele wie im gleichen Monat des Vorjahres. Nach einer UNHCR-Schätzung sind seit Jahresbeginn etwa 3000 Menschen bei der Überfahrt ertrunken.