Dresden. Die Zuwanderung nach Deutschland mit ihren offenkundigen Folgeproblemen würde die “Pegida“-Bewegung gleichsam mästen, schätzt ein Wissenschaftler ein.
Die fremdenfeindliche "Pegida"-Bewegung verzeichnet wieder steigenden Zulauf und hat am Montag bis zu 9.000 Menschen in Dresden versammelt. Diese Zahl schätzte die studentische Gruppe "Durchgezählt" am späten Abend. In der vergangenen Woche hatte die Statistikgruppe die Zahl der Teilnehmer an der "Pegida"-Demonstration im Zentrum Dresdens mit etwa 7.500 Menschen angegeben. Am Rande dieser Kundgebung in der Vorwoche waren auch Journalisten von Demonstrationsteilnehmern angegriffen worden. Der Dresdner Politikwissenschaftler Werner J. Patzelt sieht einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem wachsenden Zulauf und den akuter werdenden Problemen bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen.
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Auch am Dienstagmorgen berichtete ein Journalist im Inforadio des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) von einer zunehmend aggressiven Stimmung bei den Demonstrationen. So sei etwa zur Blockade von Flüchtlingsunterkünften aufgerufen worden. Er fürchte, dass die Atmosphäre hin zu Gewalt kippen könnte, warnte der RBB-Reporter Olaf Sundermeyer, Augenzeuge der Dresdner Demonstration vom Montagabend.
Medienvertreter: "Lügenpresse"-Rufe beschädigen die Demokratie
Vertreter des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR), des Zeitungsverlegerverbandes und der DJV-Landesverbände in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen (DJV) hatten bereits zuvor mehr Sicherheit für Medienvertreter gefordert und gegen Hetze und Gewalt gegen Medien protestiert. Das Aufputschen von teilweise Tausenden Anhängern der Bewegungen mit den Rufen "Lügenpresse" sei nicht nur für alle Medienvertreter unerträglich. Sie beschädige auch die Demokratie, schaffe eine Stimmung der Verunsicherung in der Bevölkerung und provoziere Handlungen bis hin zum Einsatz von Gewalt, hieß es in einer am Montagabend verbreiteten Erklärung. Zeitungsverleger, Journalistenverbände und MDR forderten die Politik auf, "dem Spuk endlich entschieden entgegenzutreten".
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Die Dresdner Polizei war am Montagabend mit knapp über 200 Beamten im Einsatz, um die "Pegida"-Kundgebung und vereinzelte Gegenproteste abzusichern. Während der Versammlungen seien keine Störungen zu verzeichnen gewesen, teilte die Polizei im Anschluss mit. Nach Ende der Versammlungen kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen fünf Personen, bei der drei Männer verletzt wurden. Einer von ihnen wurde im Krankenhaus behandelt. Es wurden Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung aufgenommen.
Themen der Demonstranten zunächst nicht ernst genommen
Die "Pegida"-Bewegung war erstmals im Oktober 2014 in Dresden aufmarschiert. Anfang des Jahres zogen die Kundgebungen mehr als 20.000 Menschen an. Der Politikwissenschaftler Patzelt sagte, die Zuwanderung nach Deutschland mit ihren offenkundigen Folgeproblemen würde die "Pegida"-Bewegung gleichsam mästen. Weil die Flüchtlingszahlen seit dem Sommer aufs Deutlichste angestiegen seien, sähen sich "Pegida"-Anhänger mehr denn je in ihren Sorgen und in ihrer Kritik bestätigt.
Patzelt wertete es als groben Fehler von Politik und Medien, die Themen der Demonstranten zunächst nicht ernst genommen zu haben. Erst jetzt, unter dem Druck der Tatsachen, würden die Einwanderungsprobleme offen angesprochen und reagiere die Politik auf sie, etwa mit dem neuen Asylgesetz. Mit den "jetzt geplanten Maßnahmen hätte man im Herbst oder noch im Januar Chancen gehabt, 'Pegida' wichtige Themen und Mobilisierungskraft zu nehmen", erklärte er. Nun aber sei "ein solches Maß an Aversion, an Wut über die politische Klasse und über Journalisten entstanden, dass mehr und mehr zum zentralen Thema wird: Angela Merkel muss weg, diese ganze politische Klasse muss weg!", sagte der Politologe. (epd)