Düsseldorf. Das Landeskriminalamt hat Methoden, Ziele und Beute der Banden untersucht. Die klägliche Aufklärungs- und Verurteilungsquote soll wieder steigen.

Der Schock der aktuellen Wohnungseinbruchsstatistik in Nordrhein-Westfalen zeigt erste Wirkung. Nachdem zum Halbjahresstichtag im Juli die Fallzahlen in den Großstädten der Rhein-Ruhr-Region um bis zu 50 Prozent angestiegen waren und die Aufklärungsrate zugleich gegen 5 Prozent trudelte, will NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) nun offenbar mit einer besseren Fallanalyse zurückschlagen. Nationalität, Methode, Ziel, Beute - die Polizei soll den klassischen Wohnungseinbrecher besser kennenlernen.

Das kriminalistisch-kriminologische Forschungsinstitut des Landeskriminalamtes (LKA) hat hierzu einen bemerkenswerten 30-seitigen Bericht gefertigt. Zentrale Botschaft: Vor Beginn der dunklen Winterzeit muss der Blick der Ermittler für professionelle Banden aus Osteuropa geschärft werden.

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Banden machen viel mehr Beute

Das LKA hat 719 geklärte und 1226 ungeklärte staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakten zu Wohnungseinbrüchen analysiert, um Muster erkennen zu können. Zwar stammen 93,8 Prozent der erwischten Täter aus NRW, doch bedeutender für die künftige Aufklärungsquote scheint das kriminelle Handwerk osteuropäischer Banden zu sein. Osteuropäische Einbrecher erbeuten mit durchschnittlich 7273 Euro fast doppelt so viel wie deutsche Kriminelle (3767 Euro). Sie suchen häufiger Objekte in Autobahn- oder Landstraßennähe auf und agieren deutlich häufiger (75,5 Prozent) in Gruppen.

Die LKA-Spezialisten fordern künftig präzisere „Tatortfundberichte“, um die Handschrift von Einbrecherbanden besser erkennen zu können. So könnten sehr wohl „Indikatoren für professionelles Täterhandeln identifiziert werden“. Profis blockierten zum Beispiel nach dem Einstieg die Eingangstür, um Fluchtmöglichkeiten zu verbessern. Sie öffneten Schubladenschränke effizient von unten nach oben und schützten sich durch das Zuziehen der Vorhänge vor Entdeckung. In den Strafanzeigen sei etwa der Zustand von Schubladen bislang aber nur selten vermerkt worden.

„Wegen der Bedeutung der Schubladenzustände für die Klassifizierung als professionelle Tat sollten sie als Standard in die Tatortfundberichte aufgenommen werden“, fordert das LKA. Auch bei der Sicherung von Spuren in aufgebrochenen Wohnungen muss offenbar umgedacht werden. Die Qualität der Spuren müsse stärker auf Tatrelevanz überprüft werden, da sie sonst „keinen kriminalistischen Mehrwert besitzen und in erheblichem Umfang Ressourcen binden“.

Selten kommt es zur Anklage

Nimmt man die Auswertungen des LKA zur Grundlage, sind Besitzer von freistehenden Einfamilienhäusern an Freitagen und Samstagen im Winter besonders gefährdet, Opfer von Einbrechern zu werden. Insbesondere, wenn das Haus verwaist ist. Die mit Abstand häufigste Form des Einbruchs bleibt das Aufhebeln von Türen und Fenstern. Deprimierend für Ermittler wie Opfer: Wenn einmal Tatverdächtige ermittelt wurden, kam es in nur 21,9 Prozent der Fälle zu Anklage. Gerade einmal 15,9 Prozent der Verdächtigen wurden verurteilt, davon 44,4 Prozent nach Jugendstrafrecht.

Die alarmierenden Wohnungseinbruchszahlen haben NRW-Innenminister Jäger unter Druck gebracht. Mit dem Nachtragshaushalt 2015 hat die rot-grüne Landesregierung die Zahl der Polizei-Neueinstellungen auf den Rekordwert von 1900 hochgeschraubt. FDP-Chef Christian Lindner forderte Jäger zuletzt im Landtag auf, in der dunklen Jahreszeit mit einem „Einbruchsbekämpfungs-Marathon“ alle Autobahn-Kreuze systematisch zu kontrollieren.

Die Polizei-Gewerkschaft GdP verlangt derweil den flächendeckenden Einsatz des neuen Computer-Programms „Predictive Policing“ zur systematischen Straftaten-Prognose. In mehreren Bundesländern erprobt die Polizei bereits die Software, die aus Einbruchsberichten Muster und Tätertypen lesen soll. Über den flächendeckenden Einsatz will NRW erst entscheiden, wenn die Praxistauglichkeit erwiesen ist.