Essen. . Studie belegt Stärken aber auch klare Schwächen der Wissenschaftsregion Ruhr. Es fehlt an Spitzenforschung. Hochschulen fordern Hilfe aus der Politik.
Nur einen Augenblick solle man sich mal vorstellen, das Ruhrgebiet hätte keine Hochschulen, meint Prof. Bernd Kriegesmann, Leiter des Instituts für angewandte Innovationsforschung an der Ruhr-Uni Bochum, zum Auftakt des „Wissensgipfels Ruhr“ in Essen.
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Was alles fehlen würde! 250 000 junge Menschen zum Beispiel, die im Revier leben und studieren, rund 1500 Professoren sowie zahlreiche Forschungsinstitute. Zudem: 50 000 Arbeitsplätze, die direkt oder indirekt von der Wissenschaft abhängen, Tausende kleine und große Betriebe sowie 2,3 Milliarden Euro, die Hochschulen, Beschäftigte und Studenten in der Region umsetzen. Kurz: Das Ruhrgebiet wäre deutlich ärmer, im Durchschnitt älter und halbwegs leer.
Zu wenig Spitzenforschung an Revierhochschulen
Gottlob kam es anders. Aber trotz dieser Erfolgsgeschichte, die in den 60er Jahren begann – es gibt noch viel zu verbessern, ergab die umfassende Studie „Wissenschaftsregion Ruhr“, die gestern rund 300 Gipfel-Teilnehmern aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft vorgestellt wurde. Im Vergleich zu anderen Hochschulregionen bestehe Aufholbedarf, betonte Kriegesmann. So siedelten in der Ruhr-Metropole nur zwölf Spitzenforschungsinstitute, in der Region Berlin-Brandenburg sind es 39, in München 22. Hier habe man zu passender Zeit nicht entschieden genug „Hier!“ gerufen.
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Ein großes Manko sei auch die schlechte Betreuungsrelation: Kümmert sich an den Revier-Hochschulen ein Professor um 66 Studierende, beträgt die Quote etwa in Bremen-Oldenburg eins zu 44, in München eins zu 54. Damit ist die Ruhrregion bundesweit Schlusslicht. „Wir benötigen 400 Professoren zusätzlich, um zumindest den Durchschnitt zu erreichen“, sagt Prof. Kriegesmann. In keiner anderen vergleichbaren Region sei die Zahl der Studierenden so stark gewachsen wie entlang der Ruhr, doch die Zahl der Lehrenden halte nicht Schritt.
Hochschulen fordern Hilfe von der Politik
Auch bei der Zahl „wissensbasierter Unternehmensgründungen“, sogenannter Start-Ups aus Hochschulen, hinke die Region hinterher, betont Karola Geiß-Netthöfel, Direktorin des Regionalverbands Ruhr (RVR).
Die Ergebnisse der Studie mündeten in eine Resolution mit Forderungen an die Politik, die am Montag Wissenschaftministerin Svenja Schulze (SPD) übergeben wurden. Die Zahl sowie die wirtschaftliche und wissenschaftliche Potenz der Unterzeichner – unter anderem die Industrie- und Handelskammern, Universitäten und Hochschulen, der RVR sowie der Initiativkreis Ruhr – verleihen dieser Aufforderung gehörige Wucht. Mehr Professoren, mehr Institute der Spitzenforschung sowie Förderprogramme für Firmengründer seien nötig, heißt es dort.