Hamburg. Tausende Hamburger haben am Samstag friedlich gegen Rechts demonstriert. Am Hauptbahnhof aber krachte es: Rechte provozierten, Linke randalierten.
Nach Auseinandersetzungen zwischen linken Demonstranten und der Polizei ist am Samstag der gesamte Fern- und S-Bahnverkehr am Hamburger Hauptbahnhof vorübergehend eingestellt worden. Der Bahnhof wurde nach Angaben der Bundespolizei gesperrt, weil Demonstranten auf die Gleise gelaufen waren, im Bahnhofsbereich Feuerwerkskörper gezündet und einen Zug mit Steinen beworfen hatten. In einem Fall wurden Beamte auch mit Reizgas attackiert, sagte der Sprecher der Bundespolizei. Eine Gruppe von 34 Neonazis wurde in Gewahrsam genommen.
Die Neonazis hatten die Demonstranten laut Bundespolizei zuvor provoziert. Da vor dem Bahnhof Hunderte Linke protestiert hätten, habe die Polizei die Neonazis mit einer S-Bahn herausgefahren und dort in eine Gefangenensammelstelle gebracht. Die Polizei war den Tag über mit über 2800 Beamten im Einsatz. Zur Gesamtzahl der Festnahmen konnte eine Sprecherin zunächst keine Angaben machen.
Neonazi-Aufmarsch verboten
Die Demonstranten wollten ursprünglich gegen einen Neonazi-Aufmarsch demonstrieren, der aber verboten worden war. Die Rechtsextremisten versuchten, nach Bremen auszuweichen. Gegendemonstranten folgten ihnen per Zug. Die Bremer Polizei kontrollierte ankommende Gruppen. In der Innenstadt wurden gut 100 rechte Demonstranten in Gewahrsam genommen und durch Beamte aus Bremen herausbegleitet. Auf dem Marktplatz versammelten sich etwa 1000 Gegendemonstranten. Am Bahnhof kam es zu vereinzelten Schlägereien zwischen Anhängern beider Lager.
Das linke "Hamburger Bündnis gegen Rechts" sprach von einem Erfolg. "Durch die Sperrung des Hamburger Hauptbahnhofes konnten keine weiteren Nazis anreisen." Tausende Menschen hätten ein "klares Zeichen gegen Rassismus und Neonazismus" gesetzt. Mit lautem Protest und mit einem Konzert am Hauptbahnhof seien die Nazis, die trotz des Verbotes angereist seien, aus Hamburg verabschiedet worden. Im Anschluss an die Hauptdemonstration mit bis zu 14 000 Teilnehmern waren rund 3000 Menschen zu einer kurzfristig angemeldeten Kundgebung gegen Rechts am Bahnhof gekommen.
Zeitgleich demonstrierten auf dem Hamburger Rathausmarkt nach Polizeiangaben rund 7500 Menschen für Vielfalt und Toleranz. "Wir wollen keine Nazis, wir brauchen keine Hooligans und wir brauchen keine Rassisten", sagte Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD). Mit Ausnahme dieser Menschen sei jeder in der Hansestadt willkommen.
Linke randalieren im Schanzenviertel
Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) betonte: "Hamburg bekennt Farbe." Mit Blick auf die Integration der zahlreichen Flüchtlinge sagte er: "Hamburg steht (...) vor einer großen Aufgabe." Er habe aber den Eindruck, dass viele Bürger diese Aufgabe mutig und mit ganzem Herzen angingen. Und dass viele Flüchtlinge Deutschland als Hoffnungsland bezeichneten, "kann uns stolz machen". Viele Demonstranten stimmten in den von Hamburger Radiosendern gemeinsam übertragenen Song "Imagine" von John Lennon ein, der weltweit als eine Hymne des Friedens und der Menschlichkeit gilt.
Am späten Nachmittag versammelten sich im Hamburger Schanzenviertel mehrere Hundert linke Demonstranten. Sie schoben Müllcontainer auf die Straße und zündeten Böller. (dpa)
Krawalle bei Protesten gegen Rechts