Berlin.. Nach Sigmar Gabriels Besuch in Heidenau sieht sich die SPD einer Welle von Hass ausgesetzt. Es gab sogar eine Bombendrohung gegen die Partei-Zentrale.
Die SPD-Zentrale in Berlin ist am Dienstag wegen einer Bombendrohung geräumt worden. "Das Willy-Brandt-Haus hat heute Nachmittag gegen 15 Uhr eine telefonische Bombendrohung erhalten", sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Die Partei gehe damit mit aller Ernsthaftigkeit um und habe das Haus zum Schutz der Beschäftigten räumen lassen.
Wenig später die Entwarnung: Bei der Durchsuchung des Gebäudes habe die Polizei nichts Verdächtiges gefunden, sagte ein SPD-Sprecher. Das Haus sei nun wieder freigegeben.
Hunderte Mails mit Bedrohungen und Hetze
So oder so sieht sich die SPD-Zentrale seit Sigmar Gabriels Besuch in Heidenau einer "Flut von Bedrohungen verbunden mit fremdenfeindlicher Hetze" ausgesetzt. Der Vizekanzler und SPD-Chef war am Montag in die sächsische Kleinstadt Heidenau gereist, wo Rechtsextremisten und Rassisten am Wochenende Asylbewerber und Polizisten angepöbelt, bedroht und angegriffen hatten. Gabriel hatte die Ausschreitungen mit harten Worten verurteilt. Er sprach von rechtem "Pack" und einem "rechtsradikalen Mob", dem Deutschland keinen Millimeter Raum geben dürfe.
Seit Montag habe "der rechtsradikale Mob das Willy-Brandt-Haus mit menschenverachtenden Anrufen, E-Mails und Kommentaren überschwemmt", sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi. Die fremdenfeindlichen Äußerungen hätten mittlerweile dramatische Ausmaße angenommen. "Die SPD wird diesen braunen Mob nicht dulden."
Auch interessant
Ein SPD-Sprecher sagte, bis Dienstagmorgen seien etwa 300 Mails mit zum Teil menschenverachtendem Inhalt in der Parteizentrale eingegangen. Dazu kämen etwa 150 Anrufe mit Beleidigungen, Beschimpfungen und Bedrohungen. "Wir prüfen eine Anzeige in 14 Fällen allein aufgrund der E-Mails."
Merkel reist am Mittwoch nach Heidenau
Nach den Ausschreitungen will auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) das betroffene Flüchtlingsheim besuchen. Merkel werde dort an diesem Mittwoch mit Flüchtlingen, Helfern und Sicherheitskräften sprechen, kündigte das Bundespresseamt am Dienstag an.
Bundespräsident Joachim Gauck will sich an diesem Mittwoch ebenfalls eine Flüchtlingsunterkunft ansehen und dort mit Flüchtlingen und Helfern reden - und zwar in Berlin. Der Besuch findet auch vor dem Hintergrund der Krawalle in Heidenau statt.
Maas will rechte Schläger aus Heidenau vor Gericht sehen
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) verurteilte die Ausschreitungen in Heidenau und kündigte Strafverfolgung für die Verantwortlichen an. "Diese rechten Schläger, die es da gibt, gehören nicht auf die Straße, sondern sie gehören vor Gericht, und dort werden sie auch landen", sagte er im ARD-"Morgenmagazin". Den Vorschlag, zum besseren Schutz von Flüchtlingen Bannmeilen rund um Asylbewerberunterkünfte einzurichten, wies er zurück: "Davon halte ich überhaupt nichts."
Auch interessant
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) nannte die gewalttätigen Ausschreitungen rund um Flüchtlingsunterkünfte eine "Schande". Sie seien "peinlich für unser Land", sagte er. Allerdings kämen auf jede fremdenfeindliche Aktion in Deutschland statistisch gesehen 20 ehrenamtliche Aktionen für Flüchtlinge. "Es gibt in Deutschland eine anrührende, spontane und breite Bereitschaft, Flüchtlingen zu helfen."
De Maizière lobt Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge
Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sieht trotz der zunehmenden Zahl an Übergriffen eine große Hilfsbereitschaft. "Wir sollten der deutschen Öffentlichkeit zeigen, dass es trotz aller Herausforderung ganz viele Fälle gibt, in denen die Dinge gutlaufen", sagte er der dpa bei einem Besuch in einer Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in Niedersachsen.
Allerdings reißen auch die Meldungen über Angriffe auf Asylbewerberheime nicht ab. Wenige Tage vor ihrem Bezug brannte am Dienstagmorgen eine geplante Notunterkunft für Flüchtlinge im brandenburgischen Nauen aus. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) geht von einem rechtsextremistischen Anschlag aus. "Wir sind noch nicht hundertprozentig sicher, aber ich glaube, dass alles andere als sehr, sehr großer Zufall bezeichnet werden könnte", sagte er.
Die Linke forderte angesichts der Gewalt und Hetze gegen Flüchtlinge eine Regierungserklärung der Kanzlerin und beantragte für die kommende Woche eine Sondersitzung des Bundestags-Innenausschusses. (dpa)