An Rhein und Ruhr. . In der Debatte um “Hochrisikospiele“ im Fußball hat NRW-Innenminister Ralf Jäger neun Bundesliga-Vereinen Beschränkung bei Gäste-Tickets nahegelegt.
Um die Sicherheit in Fußballstadien zu erhöhen, drängt NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) auf eine Reduzierung des Gästekartenkontigents für Spiele, bei denen „Fanausschreitungen“ befürchtet werden. In einem Schreiben an neun Vereine legt Jäger den Clubs auch nahe, für diese sogenannten „Hochrisikospiele“ ein Alkoholverbot in und rund ums Stadion zu verhängen.
Insgesamt 13 Begegnungen sieht die Polizei in der kommenden Spielzeit 2015/2016 als kritisch an. Vor allem Bundesligaderbys wie Schalke-Dortmund oder Köln-Mönchengladbach zählen dazu, ebenso aber auch Pokalspiele wie Duisburg-Schalke gleich Anfang August und Spiele aus der 2., 3. und 4. Liga. In einem Schreiben an die Vorstände von Borussia Dortmund, Schalke, MSV Duisburg, Fortuna Düsseldorf, Rot-Weiss Essen, Borussia Mönchengladbach, 1. FC. Köln , Bayer Leverkusen und Preußen Münster hat Jäger jetzt um Unterstützung fürs Bemühen um mehr Sicherheit gebeten und lobt ausdrücklich die bisherige Zusammenarbeit.
Jäger stützt sich bei seinem Vorstoß auf die Ergebnisse der Innenministerkonferenz Ende Juni und die DFB-Richtlinien zur Sicherheit im Stadion (§ 32), die eben diese Maßnahmen vorsehen. Sie kamen in der Vergangenheit aber nur teilweise zum Zuge. Ein Vorstoß in dieser Breite ist neu.
Unterstützung der Gewerkschaft
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Das letzte Wort haben die Vereine als Hausherren der Stadien. Mehrere Klubs gaben sich gestern auf NRZ-Nachfrage kurz angebunden. Man stehe „in einem konstruktiven Dialog mit der Polizei in Gelsenkirchen“, hieß es gestern schmallippig bei Schalke. Dortmund ließ eine Anfrage unbeantwortet. Es wäre „hilfreicher gewesen, wenn Herr Jäger keinen Brief geschrieben hätte, in dem er nur generalisiert, sondern die Diskussion und fallorientierte Lösungen gesucht hätte“, meinte der Chef des Viertligisten Rot-Weiss Essen, Michael Welling.
Ausdrückliche Unterstützung kommt von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). „Wir stehen hinter den vom Minister vorgeschlagenen Maßnahmen“, erklärte Landeschef Adi Plickert. Seinen Angaben zufolge zeigen sich sieben Klubs offen für die Vorschläge; Schalke und Dortmund hingegen hätten mehr oder weniger abgelehnt. Plickert ist überzeugt, dass Klubs mit einer Ablehnung der Vorschläge ein Risiko eingehen. Es könne nicht sein, dass die Polizei dafür herhalten müsse.
Hundertschaften ständig in Stadien im Einsatz
Fußballeinsätze binden enorme Kräfte bei Polizei. Nach Angaben des NRW-Innenministeriums geht rund ein Drittel der Einsatzzeit der 18 Einsatzhundertschaften (=„Bereitschaftspolizei“) dafür drauf. Die Hundertenschaften werden aber vielfach anderweitig gebraucht – etwa bei konflikträchtigen Demonstrationen oder bei Suchaktionen. Zudem helfen sich die Bundesländer bei der bereitschaftspolizei gegenseitig. Die NRW-Hundertschaften sind vielfach anderswo in Deutschland im Einsatz
Im vergangenen Jahr hatte Jäger für Fußballeinsätze die Strategie ausgegeben, bei Konfliktspielen weiter deutlich Flagge zu zeigen, sonst aber das Polizeiaufgebot in Stadion merklich zu reduzieren. Die GdP hatte das scharf kritisiert und sieht sich bestätigt. „Es hat in der vergangenen Saison Platz- und Kassenstürme gegeben und massive Fan-Auseinandersetzungen“, sagt Landeschef Plickert. Das „defensive Auftreten“ der Polizei habe keine Früchte getragen.
Ganz anders sieht man bei der Gewerkschaft die jetzt vorgeschlagenen Maßnahmen. Wie die Innenministerkonferenz ist auch Plickert überzeugt, dass weniger Gästefans weniger Konfliktpotenzial um die Stadien und auf Reisewegen bedeuten. Es müsse freilich gut kontrolliert werden, dass die reduzierten Gästekartenkontigente nicht trotzdem an bekannte Krawallmacher gelangen. Klubs, die sich diesen Maßnahmen verweigern, riskieren laut Plickert im Falle von Fan-Ausschreitungen, dass es bei ihnen künftig bei Risikospielen gar keine Gästekarten mehr geben könne oder nur noch personalisierte.
Forscher skeptisch
Der Bielefelder Forscher Martin Winands, der sich intensiv mit Gewalt im Fußball auseinandergesetzt hat, attestiert Jäger zwar guten Willen. Er ist aber skeptisch, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen einen positiven Effekt hätten. So könne Alkoholkonsum natürlich eine Rolle bei Gewalt spielen; ihn im Stadion zu verbieten, werde aber wenig nützen, solange vor und nach Spielen Alkohol getrunken werden könne. „Das hätte also eine sehr beschränkte Wirkung.“ Fraglich sei auch, ob man die Gewaltproblematik durch die Reduzierung der Gäste-Tickets bei Hochrisikospielen in den Griff bekomme, so Winands. „Es geht ja nicht darum wie viele Fans anreisen, sondern welche. Außerdem kommen ja sowieso etliche auch ohne Tickets zu den Spielen.“