Brüssel. Nach monatelangem Tauziehen schlägt für Griechenlands Premier Tsipras die Stunde der Wahrheit. Er muss wohl harte Auflagen der Geldgeber hinnehmen.

Der Euro-Krisengipfel zur Lösung des griechischen Schuldendramas steuert möglicherweise auf eine Entscheidung zu. "Ich hoffe, dass wir bald eine Vereinbarung finden", sagte der slowenische Regierungschef Miro Cerar am Montagmorgen in Brüssel nach gut 15-stündigen Marathonverhandlungen. Als offen gilt nur noch die Frage eines griechischen Privatisierungsfonds. Der griechische Premier Alexis Tsipras hatte sich hartnäckig gegen diese Kernforderung der Europartner gewehrt.

Privatisierungsfonds von 50 Milliarden Euro gefordert

Der Privatisierungsfonds sollte nach ursprünglichen Plänen einen Umfang von rund 50 Milliarden Euro haben und außerhalb Griechenlands angesiedelt werden. In diesen Fonds sollen staatliche Vermögenswerte übertragen werden.

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Auch die finanzielle Einbeziehung des Internationalen Währungsfonds beim neuen Hilfspaket der Europäer war von Athen kritisiert worden. Laut Diplomaten wurde dieser Streit mittlerweile beigelegt.

Zuvor hatte EU-Ratspräsident Donald Tusk einen Kompromissvorschlag vorgelegt. Der Gipfel war in der Nacht häufiger unterbrochen worden, um Zeit für Beratungen in kleiner Runde zu geben. Zuletzt trafen sich am Montagmorgen Kanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatschef François Hollande und EU-Ratspräsident Donald Tusk mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras im kleinen Kreis. Die Staats- und Regierungschefs der 19 Euro-Länder waren am Sonntag um 160 Uhr zusammengekommen und verhandeln seitdem über einen Kompromiss für ein Spar- und Reformpaket für Athen.

Das Krisentreffen dreht sich darum, ob Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket aufgenommen werden. Der Plan soll über drei Jahre laufen. Der Finanzbedarf wird auf bis zu 86 Milliarden Euro geschätzt. Von Athen wird im Gegenzug verlangt, einen vierseitigen Forderungskatalog der Euro-Finanzminister in die Tat umzusetzen. Dabei geht es neben den Privatisierungen von Staatsbesitz unter anderem auch um eine Verwaltungsreform.

Falls beim Gipfel keine Einigung gelingt, droht Griechenland die Staatspleite und der Austritt aus der Eurozone. Athen braucht laut einem Papier der Finanzminister bis zum 20. Juli rund sieben Milliarden Euro. (dpa)

Gauck verteidigt Merkels und Schäubles Kurs bei Griechen-Rettung 

Bundespräsident Joachim Gauck hat den Kurs von Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble in der Debatte über neue Griechenland-Hilfen verteidigt. Es gehe der Kanzlerin nicht "um irgendeinen Sieg", sondern darum, eine Situation zu beenden, "wo Regeln ganz offenkundig über viele Jahre entweder missachtet oder nicht ausreichend kontrolliert" wurden, sagte Gauck am Sonntag in der ZDF-Sendung "Berlin direkt".

Gauck plädierte für einen Verbleib Griechenlands in der Eurozone. "Dieses Europa hat sich verabredet, beieinander zu bleiben." Bei der Lösung der Krise wünsche er sich sehr viel guten Willen und sehr viel Fantasie. Wenn es gelinge, ein neues Hilfspaket zu schnüren, werde das nur darüber gehen, dass man in Europa wieder mehr Vertrauen zu Griechenland und seinen Institutionen entwickle.

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Gauck nahm Schäuble wegen dessen Vorstoß für einen zeitweisen Ausstieg Athens aus der Eurozone in Schutz. "Da will einer zeigen, wir sind vorbereitet, falls wirklich etwas Schlimmes passiert. Das muss man nicht gleich als Dominanzgebaren deuten." Ein Mangel an deutscher Solidarität gegenüber Athen erkenne er nicht. Vielmehr sei deutsche Hilfe in der Vergangenheit in Griechenland oftmals nicht angemessen gefragt gewesen.

Der Bundespräsident bemühte sich, Sorgen vor einer neuen Kluft zwischen Berlin und Paris zu zerstreuen. Er könne in einer so entscheidenden Phase eine wirkliche Distanz beider Länder nicht erkennen. "Ich denke schon, dass der politische Wille stark genug ist, damit Deutschland und Frankreich beieinanderbleiben. Und ich kann mir das nur wünschen." Gerade jetzt sei es wichtig, dass Deutschland bei der Krisenlösung mit Frankreich zusammenarbeiten wolle. (dpa)