Berlin. . Männer arbeiten in Vollzeit, Frauen in Teilzeitjobs oder gar nicht. Dabei wünschen es sich die meisten Eltern anders, ergab eine Allensbach-Studie.

Sie träumen von Vätern in Teilzeitjobs – und von Müttern, die ihre beruflichen Ziele nicht aufgeben müssen. Sie träumen von geteilter Hausarbeit und gemeinsamer Zeit für die Kinder. Doch die wenigsten Eltern in Deutschland kriegen das hin: Eine neue Allensbach-Studie zeigt, wieso sich die meisten Paare trotz aller familienpolitischer Hilfen noch immer für ein traditionelles Modell entscheiden: Vollzeitjobs für die Väter, Kinderbetreuung und Teilzeitjobs für die Mütter. Es liegt nicht nur am Geld – sondern auch an tief verwurzelten Familienbildern.

Folgen für Karriere und Rente

Bei der Geburt des ersten Kindes treffen Paare eine Entscheidung mit weitreichenden Folgen – vor allem für die Frauen: „Die meisten stecken nicht nur kurzfristig, sondern für viele Jahre, oft für immer, beruflich zurück“, sagt Allensbach-Chefin Renate Köcher. „Mit gravierenden Auswirkungen auf berufliche Chancen und Rentenansprüche.“ Vor der Geburt des ersten Kindes haben 71 Prozent der Frauen Vollzeitstellen, nachher nur noch 15 Prozent, bei den westdeutschen Frauen sogar nur noch elf Prozent. Für viele ändert sich daran bis zur Rente auch nichts mehr. Sie kehren nach der Babypause zwar in den Job zurück, doch für die meisten gilt: Einmal Teilzeit, immer Teilzeit.

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Für die Studie im Auftrag des Familienministeriums wurden mehr als 3000 Mütter und Väter mit Kindern unter sechs Jahren befragt. Dabei zeigt sich die große Schere zwischen Wunsch und Wirklichkeit: Sechs von zehn Frauen, die nach der Geburt ihrer Kinder gar nicht mehr berufstätig waren, würden gerne wieder arbeiten. Knapp die Hälfte der Eltern wünscht sich Familienmodelle, bei denen Väter und Mütter nahezu gleich viel arbeiten. Tatsächlich aber entscheidet sich die überwiegende Mehrheit für das traditionelle Modell: Die Väter arbeiten weiter in Vollzeit, die Mütter reduzieren ihre Jobs oder bleiben ganz zu Hause.

Oberster Wunsch: Zeit mit dem Kind zu verbringen

Streit gibt es deswegen nicht: Neun von zehn Paaren waren sich der Studie zufolge einig, was die Aufgabenverteilung angeht, viele schon lange vor der Geburt. Bemerkenswert sind die Gründe dafür: An oberster Stelle steht der Wunsch der Mutter, Zeit mit dem Kind zu verbringen. An zweiter Stelle kommt die Frage des Einkommens und der Sicherheit des Arbeitsplatzes. Die Mehrheit der Paare sagt: „Wenn man Kinder hat, sollte der weiterarbeiten gehen, der das höhere Einkommen hat.“ Renate Köcher nennt das „pragmatisch“. Viele Paare hätten heute das Gefühl, dass das Familienleben anders laufen müsste, „aber sie haben Zweifel, ob es anders geht.“

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Solange Frauen durchschnittlich 22 Prozent weniger verdienen als Männer, solange das Steuerrecht über das Ehegattensplitting Anreize für Paare mit großen Einkommensunterschieden setzt, solange es sich für viele Ehefrauen kaum lohnt, berufstätig zu sein – so lange werden partnerschaftliche Modelle zwar gewünscht, aber kaum gelebt. „Wenn bei uns die Gehälter anders verteilt gewesen wären“, sagt immerhin jeder Dritte, „hätten wir uns vermutlich für eine andere Aufteilung entschieden.“

In der Teilzeitfalle

Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) will Väter und Mütter, die sich mehr Partnerschaftlichkeit wünschen, unterstützen: „Sie brauchen gute und flexible Angebote der Arbeitszeitgestaltung, damit Frauen nicht in der Teilzeitfalle und Väter nicht in der Vollzeitfalle feststecken“, sagte Schwesig am Dienstag bei der Vorstellung der Studie in Berlin. Die SPD-Politikerin fordert seit Langem ein staatlich gefördertes Teilzeitmodell für beide Eltern, die „Familienarbeitszeit“. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will im Herbst dazu ein Gesetz für ein Rückkehrrecht in Vollzeit auf den Weg bringen.