Berlin. Europa ist stark genug, sagt Angela Merkel. Es werde gestärkt aus der Griechenland-Krise hervorgehen. Das kann man als Warnung an Athen verstehen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat in der Griechenland-Krise eine Einigung um jeden Preis abgelehnt. Vor dem für Sonntag geplanten Referendum werde es keine Verhandlungen über ein neues Hilfsprogramm geben, sagte Merkel am Mittwoch im Bundestag in Berlin. Katastrophale Konsequenzen einer Staatspleite befürchte sie nicht: "Europa ist stark. Viel stärker, als vor fünf Jahren." Griechenland habe die Gespräche mit den Partnern einseitig beendet und sei seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen. Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte, Athen habe "Vertrauen zerstört".
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Merkel erklärte, entscheidend in Europa sei die Fähigkeit zum Kompromiss. Dafür gebe es aber Grenzen. "Ein guter Europäer ist nicht der, der eine Einigung um jeden Preis sucht", sagte die Kanzlerin. "Ich will nicht, dass wir irgendwie durch die Krise kommen," betonte sie. "Ich will, dass Europa stärker aus der Krise herauskommt."
Griechen sollen am Sonntag abstimmen
Die Bundeskanzlerin wandte sich auch an die griechische Bevölkerung: "Sie sind ein stolzes Volk und haben harte, sehr harte Tage zu bewältigen", sagte sie. Eine Referendum sei das legitime Recht Griechenlands. Aber die anderen 18 Euroländer hätten ebenso das Recht, ihre Haltung dazu festzulegen.
Am Sonntag sollen die Griechen über das letzte Angebot der Geldgeber für das faktisch zahlungsunfähige Land abstimmen. Dienstagnacht war das aktuelle Hilfsprogramm ausgelaufen. Eine fällige Kreditrate von 1,5 Milliarden Euro für den Internationalen Währungsfonds (IWF) zahlte Athen nicht zurück.
Tsipras knickt ein bisschen ein
Am Mittwoch hatte der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras einen neuen Brief an die Geldgeber geschrieben, darin zeigte er sich bereit, die vorrangigen Bedingungen der Gläubiger grundsätzlich zu erfüllen. Nach Ansicht von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist das aber noch keine Grundlage für eine Lösung der Krise.
"Der hat auch nicht mehr Klarheit geschafft", sagte Schäuble mit Blick auf den jüngsten Brief. Die Ankündigungen aus Athen reichten für "seriöse Maßnahmen" nicht aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erteilte Verhandlungen mit der griechischen Regierung über ein neues Hilfsprogramm vor dem für Sonntag geplanten Referendum eine Absage.
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Die EU-Kommission reagierte zurückhaltend auf die Sparzusagen. "Wir sind in einer neuen Lage", sagte Vizekommissionschef Valdis Dombrovskis in Brüssel mit Blick auf das ausgelaufene Hilfsprogramm für Athen. Die wirtschaftliche Situation Griechenlands habe sich erheblich verschlechtert. Es werde jetzt nicht mehr über die Verlängerung des alten Rettungsplans gesprochen, sondern über ein Zwei-Jahres-Programm des Eurorettungsschirms ESM. Daraus hatte Tsipras am Dienstagabend einen 29-Milliarden-Euro-Kredit gefordert.
Kommission will Zusagen aus Griechenland prüfen
Dombrovskis sagte weiter, ein neues Hilfsprogramm könnte noch vor dem 20. Juli abgeschlossen werden. "Es gibt sicherlich die Möglichkeit, zu einer Abmachung zu kommen, bevor höhere (Rück-)Zahlungen fällig sind." Das setze jedoch die Bereitschaft der Geldgeber und Athens voraus, tatsächlich eine Vereinbarung anzustreben.
Die aktuellsten griechischen Vorschläge könnten in Verhandlungen für das neue Rettungsprogramm eingebracht werden. "Wir sind bereit, zu verhandeln und zu einer Lösung kommen", sagte der für den Euro verantwortliche Kommissar. "Dazu müssen sich beide Seiten konstruktiv verhalten." Die Kommission prüfe die jüngsten Zusagen und werde der Eurogruppe eine erste Einschätzung geben. Die Finanzminister der Eurostaaten wollen am späten Nachmittag in einer Telefonkonferenz über die Lage beraten.
Merkel machte deutlich, dass es vor dem geplanten Referendum von deutscher Seite keine neuen Verhandlungen geben werde. "Die Tür für Verhandlungen war immer offen und bleibt immer offen", betonte Merkel zwar in einer Bundestagsdebatte über die Lage in Griechenland in Berlin. Die schwarz-rote Bundesregierung habe sich aber darauf verständigt, das Referendum abzuwarten. "Vor dem Referendum kann über kein neues Hilfsprogramm verhandelt werden."
Banken in Griechenland öffnen für Rentner
Wegen der dramatischen Zuspitzung der Lage bleiben Banken und Börse in Griechenland bis Anfang kommender Woche geschlossen. In den vergangenen Tagen hatten immer mehr verängstigte Bürger Bargeld abgehoben und damit die Geldhäuser in Schwierigkeiten gebracht. An Geldautomaten dürfen Griechen seit Montag maximal 60 Euro pro Tag abheben, für ausländische Bankkarten soll die Beschränkung aber nicht gelten.
Am Mittwoch öffneten Geldinstitute im ganzen Land für Rentner. Die Banken hatten diese Ausnahme ermöglicht, da viele Pensionäre keine EC- oder Kreditkarten haben und somit in den vergangenen Tagen an den Automaten kein Bargeld abheben konnten. Weil die Banken allerdings kurzfristig angekündigt hatten, Rentner in alphabetischer Reihenfolge zu bedienen, kam es zwischenzeitlich zu Tumulten, wie griechische Medien berichteten.
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Tsipras hatte am Wochenende überraschend eine Volksabstimmung über die Reformvorschläge der Gläubiger Griechenlands angekündigt und die Europartner so vor den Kopf gestoßen. Daraufhin scheiterten am Samstag die Verhandlungen der Euro-Finanzminister mit Athen.
Merkel: "Tür für Verhandlungen bleibt immer offen"
"Die Tür für Verhandlungen war immer offen und bleibt immer offen", sagte die Kanzlerin. Aber vor dem Referendum könne über kein neues Hilfsprogramm verhandelt werden. Zudem sei dafür ein Mandat des Bundestages nötig.
Die anderen 18 Mitgliedsstaaten der Eurozone müssten heute keine ökonomische Katastrophe mehr befürchten, weil Griechenland in Turbulenzen geraten sei. "Wir haben Schutzvorkehrungen getroffen, an die im Februar 2010 noch nicht einmal im Ansatz zu denken war", sagte Merkel. "Die Welt schaut auf uns. Aber die Zukunft Europas steht nicht auf dem Spiel."
Linke appelliert an Bundesregierung
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) betonte, für eine Lösung der Krise müsse zunächst das Vertrauen zwischen Geldgebern und Athen wiederhergestellt werden. Es sei außergewöhnlich schwierig, jetzt einen Weg zu finden, sagte Schäuble. "Vertrauen und Verbindlichkeit sind eine Grundvoraussetzung."
Linksfraktionschef Gregor Gysi rief Merkel zur Kompromissbereitschaft auf. "Sie tragen in diesen Tagen eine gewaltige historische Verantwortung. Finden sie in letzter Sekunde noch eine Lösung", appellierte Gysi an die Regierungschefin. SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte, Europa werde die Bürger Griechenlands nicht im Stich lassen. Von der Regierung in Athen dürfe man sich aber nicht erpressen lassen. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderte eine Umschuldung. Nur so habe das Land eine Chance, wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen. (dpa)