Meißen. Nach den Protesten gegen ein Flüchtlingsheim in Freital sorgt ein anderer Fall in Sachsen für Aufsehen. Ein Haus in Meißen, in dem gut 30 Flüchtlinge Platz finden sollten, wurde angezündet. Gab es schon frühzeitig Drohungen?

In einer noch unbewohnten Asylbewerber-Unterkunft in der sächsischen Stadt Meißen haben Unbekannte Feuer gelegt. "Wir gehen von Brandstiftung aus", sagte eine Sprecherin des Operativen Abwehrzentrums der Polizei (OAZ) nach den ersten Ermittlungen in dem Gebäude. Das OAZ ist für extremistische Straftaten zuständig. Seit Tagen macht Sachsen Schlagzeilen, weil im etwa 30 Kilometer entfernten Freital allabendlich einige Dutzend Menschen auch mit rassistischen Parolen gegen ein Flüchtlingsheim protestieren.

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Das Feuer war am Sonntag kurz nach Mitternacht in einem Zimmer in der ersten Etage des vierstöckigen Gebäudes ausgebrochen. Verletzt wurde niemand, das Gebäude war unbewohnt. Den Angaben der Polizei zufolge wurde an zwei Stellen Feuer mit Hilfe eines Brandbeschleunigers gelegt - es brach aber nur an einer Stelle tatsächlich aus. Unbekannte hätten sich gewaltsam Zutritt in das Gebäude verschafft, hieß es.

Haus-Besitzer spricht von "Anschlag mit Ansage"

Nach dem Feuer hat der Hauseigentümer von einem "Anschlag mit Ansage" gesprochen. Anfang Juni habe er an der Tür einen Zettel mit einer klaren Drohung gefunden, sagte Ingolf Brumm, Geschäftsführer der gleichnamigen Baufirma. Darauf seien die Asylbewerber ironisch willkommen geheißen worden - mit der Aufforderung, das Land so schnell wie möglich wieder zu verlassen.

Als er bei der Polizei Anzeige erstatten wollte, habe man ihn "an der Tür abserviert", sagte der Eigentümer, der die Flüchtlingsunterkunft in den vergangenen beiden Jahren saniert hat. Begründung sei gewesen, dass man nur Anzeige erstatten könne, wenn ein Schaden vorliege, fügte er hinzu. Eine Sprecherin des für extremistische Straftaten zuständigen Operativen Abwehrzentrums der Polizei (OAZ) betonte, man nehme derartige Hinweise immer ernst.

Ministerpräsident Tillich sprach von "feigem" Anschlag

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) sprach von einem "feigen Brandanschlag". Man werde alles dafür tun, dass die Verantwortlichen gefasst würden. Er betonte: "Wir werden dafür sorgen, dass diejenigen, die zu uns kommen, sichere Aufnahme finden."

Die Polizei prüft, ob mutmaßliche Rechtsextreme mit dem Brand zu tun haben, die sich offenbar am Abend zuvor in Meißen versammelt hatten. Die "Initiative Heimatschutz", die im Internet Stimmung gegen Flüchtlinge macht, hatte für Samstagabend zu einer "spontanen Zusammenkunft" in der Domstadt aufgerufen. Auf Facebook distanzierte sich die Initiative "von jeglichen Brandstiftungen."

De Maizière: "Ich toleriere keine Form von Gewalt oder Hass"

Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) verurteilte den mutmaßlichen Brandanschlag. Er habe sich der Diskussion mit der "teilweise zurecht verunsicherten Bevölkerung" in den vergangenen Monaten gestellt - das sei seine Pflicht als Politiker, sagte de Maizière, der seinen Wahlkreis in Meißen hat, dem "Tagesspiegel" (Montag). "Aber eins muss auch klar sein: Ich toleriere keine Form von Gewalt oder Hass."

Nach Angaben des Meißner Landrates Arndt Steinbach (CDU) waren in dem Mehrfamilienhaus sechs bis sieben Wohnungen für bis zu 35 Flüchtlinge geplant. "Wenn man eins und eins zusammenzählt, liegt es nahe, dass der Brand und die Unterbringung der Asylbewerber zusammenhängen." Die erwarteten Asylbewerber müssten nun in anderen Gebäuden untergebracht werden. Beschädigt worden sind laut Steinbach ausgerechnet die beiden Wohnungen, die bereits komplett bezugsfertig waren.

In den vergangenen Monaten waren in Deutschland schon mehrfach Asylunterkünfte in Brand gesteckt worden. In Tröglitz in Sachsen-Anhalt zerstörte ein Feuer eine Unterkunft, bevor die Bewohner dort einziehen konnten. Zuvor hatte es dort massive Proteste gegen die Unterbringung von Flüchtlingen gegeben. Auch in Vorra (Bayern) und Limburgerhof (Rheinland-Pfalz) wurden Feuer gelegt. Erst in der vergangenen Woche hatte sich eine zunächst vermutete Böller-Attacke auf ein Asylbewerberheim im sächsischen Freiberg als Sprengstoffanschlag entpuppt. (dpa)