Essen. Im Streit zwischen der EU und Griechenland könnte es nun tatsächlich zum Schwur kommen. Wir finden: Höchste Zeit für eine Bilanz abseits des Geldes.
Griechenland und der Rest Europas: Das ist eine schwierige Beziehung geworden. Seit Monaten rechnet die Gemeinschaft ihrem in Not geratenen Mitglied vor, was sie an Milliardenbeträgen gezahlt hat - und wartet auf die Gegenleistung. Das ist mehr als merkwürdig, denn die Gegenleistung ist längst erbracht.
Hier ist eine erste, unvollständige Übersicht:
Zehn große und kleine Dinge, die wir den Griechen verdanken
Seit 700 v. Chr., vielleicht auch schon länger, wurden bei religiösen Festen in Olympia (Westgriechenland) sportliche Wettkämpfe veranstaltet. Im 19. Jahrhundert wetteiferten dort deutsche Archäologen um die dollsten Funde, und die wiederum brachten einen Franzosen auf eine total verrückte Idee: Olympische Spiele der Neuzeit.
Gut, vom attischen Scherbengericht bis zum Untersuchungsauschuss des Bundestages ist es ein langer Weg, und das Grundgesetz hat ja auch viel mehr geistige Ahnen als nur die Griechen. Aber die Grundidee, dass Vertreter des Volkes per Abstimmung über wichtige Fragen des Gemeinwesens entscheiden dürfen - das ist schon eine Erfindung aus Athen.
Wer kennt ihn nicht - den griechischen Salzlakenkäse aus Schafsmilch. Doch lange glaubten wir ihn nur zu kennen. Denn uns wurde auch dänischer Käse aus Kuhmilch als "Feta" verkauft. 1997 machte die EU auf Drängen Athens Schluss mit dem Schwindel. Seitdem kommt Feta wieder vom griechischen Festland oder den Inseln der nördlichen Ägäis.
Wie war das noch? Im rechtwinkligen Dreieck ist die Summe der Flächeninhalte der Kathetetenquadrate gleich... . Pythagoras lieferte jedenfalls den Beweis für die Formel, sein Landsmann Euklid begründete die wissenschaftliche Geometrie. Pythagoras stammt von der Insel Samos, Region Nördliche Ägäis.
Asterix-Leser wissen: Die Römer liebten Rammböcke. Die Griechen hingegen nahmen Troja mit einem Holzpferd ein. Ein Danaergeschenk, das zur Achillesferse wurde, allen Kassandra-Rufen zum Trotz. Ein Mythos nur - und doch wird das Trojanische Pferd (hier: Film "Troja" von Wolfgang Petersen) ewig leben, und sei es auf den Festplatten unserer Rechner.
Nun gut, es gibt verschiedene Theorien darüber, wer wann und wo das Olivenöl erfunden hat. Doch auch die Phönizier, wenn noch welche da sind, müssen damit leben, dass Archäologen den ersten gezielten Anbau der Bäume zur Ölgewinnung um das Jahr 3500 v. Chr. auf der griechischen Insel Kreta vermuten.
Der Baustil der Griechen hat die halbe Welt geprägt. Ihre Tempelarchitektur eroberte in der Antike Italien, in der Renaissance Europa und im Klassizismus gar Nordamerika. Selbst unsere Mietskasernen bekamen noch dorische, ionische und korinthische Säulen verpasst - weil sie Würde ausstrahlen, und nichts brauchten die Mieter damals dringender.
In der Schuldenkrise von der "griechischen Tragödie" zu reden, ist ein beliebtes Wortspiel - denn die alten Griechen gelten nun mal als Erfinder des Theaters. Sie sangen und spielten zu Ehren des Gottes Dionysos - und schufen dabei Formen, die wir heute noch kennen: Tragödie, Komödie und überhaupt das ganze Theatergebäude mit Bühne und Rängen. Im Bild: "Antigone" von Sophokles in einer Aufführung in Castrop-Rauxel.
Ohne ihn hätte die Generation Golf nicht so behagliche Erinnerungen an ihre Kindheit in den Siebzigern. Damals kam der Schafswoll-Teppich aus dem griechischen Pindos-Gebirge bei uns in Mode, und er ging nie wieder so ganz. Schon die Eltern der Generation Golf plagte aber ein Problem: Wie hält man einen Flokati eigentlich sauber, wenn man Kinder hat?
Dass die Griechen die Leichtigkeit erfunden hätten, wird ihnen zumindest von Deutschen immer wieder unterstellt. Das geschieht mal in guter, mal in böser Absicht. Beweisen wird man es natürlich nie, zumal ja auch der berühmte Streifen "Alexis Sorbas" von Michael Cacoyannis nur ein Film ist. Und doch kann man von ihm etwas Wichtiges lernen: wie man tanzt, auch wenn es mal nicht so gut läuft.