Düsseldorf. . Ralf Jäger steht nach der Kölner Wahlpanne unter Druck. Gegner behaupten, er habe die Neuauszählung aus parteitaktischen Gründen verzögert.
Die Ungereimtheiten rund um die Kölner Kommunalwahlergebnisse 2014 erreichen immer stärker die Landesebene. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) trat am Freitag Vorwürfen entgegen, er habe als oberster Kommunalaufseher die Neuauszählung eines für das Gesamtergebnis entscheidenden Briefwahlbezirks trotz offenkundiger Fehler behindert. „Der Verdacht der parteipolitischen Motivation ist unbegründet“, erklärte Jäger auf parlamentarische Anfrage der CDU.
Bei der Kommunalwahl im Mai 2014 war es im Briefwahlstimmbezirk Köln-Rodenkirchen bei der Übermittlung der Ergebnisse zu einer Verwechslung gekommen. Die SPD-Kandidatin verfügte über eine klare Mehrheit, obwohl dies den übrigen Stimmbezirken des Stadtteils und der schwarzen Prägung des Ortes völlig widersprach. Für das Gesamtergebnis war der Fehler von entscheidender Bedeutung, da der CDU nur acht Stimmen zu einem weiteren Mandat fehlten und die rot-grüne Koalition im Rat nur über eine Stimme Mehrheit verfügte.
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Erst nach einjährigem Streit und einem Urteil des Verwaltungsgerichts Köln wurde der Briefwahlbezirk vergangene Woche neu ausgezählt: Binnen zehn Minuten stand fest, dass das Ergebnis falsch war und Rot-Grün damit die unrechtmäßig erworbene Ratsmehrheit verloren hat. Seither nimmt CDU-Oppositionsführer Armin Laschet das SPD-Trio aus Kölns Stadtdirektor Guido Kahlen, Regierungspräsidentin Gisela Walsken und Innenminister Jäger ins Visier. Den Sozialdemokraten sei bei der Verteidigung der Macht gar nichts mehr heilig, schimpfte Laschet.
Jäger: „Mich hat keiner gefragt“
Jäger zog sich nun darauf zurück, niemals zu einer Neuauszählung des offenkundig fehlerhaften Briefwahl-Ergebnisses in Köln-Roden-kirchen gefragt worden zu sein. In einem Erlass vom 29. August 2014 an die Bezirksregierung habe er lediglich die beabsichtigte Neuauszählung des Gesamtergebnisses für die Stadt Köln untersagt. Ein atypisches Ergebnis reiche dafür nicht aus. Mit der „Begründetheit bestimmter Wahleinsprüche“ habe er sich inhaltlich gar nicht befasst.
Der Innenminister wies vielmehr dem Kölner Wahlleiter und Stadtdirektor, seinem Parteifreund Kahlen, die Verantwortung zu: „Er war zuständig, etwaigen Fehlern im Wahlverfahren nachzugehen“, so Jäger. Kahlen hatte jedoch attestiert, das Rodenkirchener Ergebnis sei „überdurchschnittlich sorgfältig“ und ohne Unregelmäßigkeiten erstellt worden.
Auf die Grünen soll Druck ausgeübt worden sein
Erst das Verwaltungsgericht Köln zerpflückte diese Darstellung und ordnete die Neuauszählung des umstrittenen Briefwahlbezirks an. Eine komplette Neuauszählung aller 1024 Kölner Stimmbezirke hielten auch die Richter für unverhältnismäßig.
Warum weder Jäger noch Regierungspräsidentin Walsken ein Jahr lang auf die Idee kamen, den Ungereimtheiten in Rodenkirchen einmal nachzugehen, wird nun Gegenstand der landespolitischen Aufarbeitung sein. Zumal der Kölner Grünen-Landtagsabgeordnete Arndt Klocke jüngst öffentlich darüber raunte, „bis zur Landesebene hin“ sei Druck auf die Grünen ausgeübt worden, sich nicht für eine Neuauszählung einzusetzen. Grünen-Landeschef Sven Lehmann will als Konsequenz aus dem Demokratie-Debakel künftig mehr unabhängige Kontrolleure in lokale Wahlprüfungskommissionen entsenden. Im Landtagsausschuss muss Jäger zu den Vorkommnissen Anfang Juni Rede und Antwort stehen.