Moskau. . Die Bundeskanzlerin zwischen Kriegsgedenken und Ukraine-Konflikt – die Reise nach Moskau war ein Balance-Akt zwischen Gedenken und Krisen-Diplomatie.

Still vereint im Andenken an die Kriegsopfer stehen Kanzlerin Angela Merkel und Kremlchef Wladimir Putin minutenlang vor den Trauerkränzen am Grabmal des unbekannten Soldaten in Moskau. Es ist das erste Wiedersehen der beiden seit drei Monaten. Merkel war erst am Sonntag in der russischen Hauptstadt gelandet. Sie wollte nicht schon zur Militärparade am Samstag anreisen. Die Ukraine-Krise hat tiefe Spuren im einst guten deutsch-russischen Verhältnis hinterlassen.

„Militärisches Blockdenken“

Doch Merkel wollte zum 70. Jahrestag des Kriegsendes nach Russland kommen. Sie ging mit der Ehrung der sowjetischen Weltkriegsopfer auf russische Befindlichkeiten ein. Deutschland habe die historische Verantwortung, das Andenken der Millionen Opfer zu bewahren, die die Nazis verschuldet haben, sagte sie. Und: „Mit meinem Besuch heute wollte ich zeigen, dass wir mit Russland und nicht gegen Russland arbeiten.“

Die Siegesparade am 9. Mai am Tag zuvor war die größte in der Geschichte Russlands: 16 000 im Stechschritt marschierende Soldaten, mehr als 140 Flugzeuge und Hubschrauber und rund 200 Militärfahrzeuge waren zu sehen. Mit der Präsentation von Atomraketen und einem modernen Waffenarsenal, darunter der noch nicht gezeigte Kampfpanzer T-14, demonstrierte der Kreml Stärke.

Abrechnung mit der Nato

Putin nutzte den 70. Jahrestag des Weltkriegsendes zu einer Abrechnung mit der Nato. Er beklagte den Aufbau einer „einpolaren Welt“ und „militärisches Blockdenken“, das die nach dem 2.Weltkrieg aufgebaute Ordnung und Stabilität gefährde. „Unsere gemeinsame Aufgabe ist es, ein System gleichberechtigter Sicherheit für alle Staaten zu schaffen“, sagte er.

Auch beim Treffen mit Merkel im Alexandergarten vor dem Kreml räumte Putin „bekannte Probleme“ ein. Je eher die Auswirkungen dieser Probleme überwunden seien, desto besser. „Wir werden danach streben“, versprach er bei der Kranzniederlegung am Grab des unbekannten Soldaten.

Ohne grundlegende Veränderungen in der Ukraine, wo Regierungstruppen und prorussische Separatisten nach wie vor einen Stellvertreterkrieg führen, werden sich aber auch die europäisch-russischen Beziehungen nicht wesentlich erwärmen. Gestern berichteten beide Konfliktparteien wieder über zahlreiche Zusammenstöße.

Weiter Gefechte in der Ukraine

Der Westen wirft Russland vor, die Separatisten militärisch zu unterstützen. Moskau bestreitet dies und spricht von humanitärer Hilfe für die notleidende Bevölkerung. Offiziell heißt es, dass im Donbass nur Freiwillige kämpften. Am Wochenende gab es allerdings Berichte, dass in der Ukraine auch Soldaten der elitären russischen Panzereinheit „Kantemirow-Division“ eingesetzt worden seien.

Der ukrainische Konflikt war Thema der Gespräche zwischen Merkel und Putin. Das Minsker Abkommen sei die Basis für eine friedliche Lösung in der Ukraine, sagte die Kanzlerin und forderte die Wiederherstellung der ukrainischen Souveränität im Donbass-Gebiet. Putin habe dazu genügend Einfluss, glaubt sie.