Panama-Stadt. . Neuanfang in Panama: US-Präsident Barack Obama und Kubas Staatschef Raúl Castro beenden die jahrzehntelange Eiszeit zwischen den beiden Ländern.
Es ist kurz nach 19.30 Uhr am Freitagabend, als Barack Obama im Tagungszentrums Atlapa in Panama auf Raúl Castro zugeht. Die Präsidenten der USA und Kubas haben gerade die Begrüßungszeremonie für den Amerika-Gipfel hinter sich gebracht – und nun erwartet die Welt das, was ihr versprochen wurde und weshalb 2000 Reporter sich zu diesem Treffen angemeldet hatten: der Handschlag der beiden.
Die geschichtsträchtige Geste, die sich künftig in allen Erzählungen wiederfinden wird, in denen es um den Langzeit-Konflikt geht, der Kuba und die USA seit mehr als einem halben Jahrhundert trennt. Sie tauschen noch ein Lächeln aus. Dann gehen die beiden Protagonisten zu ihren Plätzen.
Die Bilder von dem Händedruck gehen um die Welt, so dass man fast vergessen hätte, dass das noch nicht einmal das offizielle Treffen zwischen beiden Staatschefs war. Dies folgt am Samstag. Mehr als eine Stunde sitzen die beiden Männer zusammen, deren Länder sich noch bis vor kurzem spinnefeind waren. Aber es ist dieser Händedruck, der endgültig zeigt, dass auch der Kalte Krieg in Lateinamerika jetzt ein Ende gefunden hat.
„Regimewandel ist nicht unser Geschäft“
Obama sagte es bei seiner Rede in fast kindlich anmutender Naivität: „Ich will keine Kämpfe mehr weiterkämpfen, die begannen, bevor ich geboren wurde.“ Es ist vielleicht der sympathischste und ehrlichste Satz auf diesem Gipfel der warmen Worte, zu dem sich das Treffen der 35 amerikanischen Staats- und Regierungschefs entwickelte. Aber: Ohne Wenn und Aber macht Obama auch klar, dass Washington auch künftig Menschenrechtsverletzungen anprangern werde. Im Klartext: Konflikte sind programmiert. Abmildernd fügt Obama hinzu: „Regimewandel ist nicht unser Geschäft.“
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Wenige Minuten später darf Raúl Castro sprechen. Es sollte eine bemerkenswerte Rede werden – ehrlich, bewegt, wütend und, Kuba-typisch, überlang. Castro überzieht seine acht Minuten Redezeit um eine Dreiviertelstunde und entschuldigt sich gleich zu Beginn dafür: „Ihr schuldet mir sechs Gipfel, also werde ich ein wenig überziehen.“ Ein Hinweis auf das halbe Jahrhundert, das Kuba aus der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) ausgeschlossen war.
Der 83-Jährige dankt Obama, lobt Obama, bezeichnete ihn als einen „ehrlichen Mann“, der nicht verantwortlich sei für die aggressive Politik gegen sein Land.
Wer hätte noch vor Monaten gedacht, dass solche Sätze möglich sein könnten zwischen den USA und Kuba. Doch trotz aller Freundlichkeiten: Der Weg zur Normalität zwischen den einstigen Erbfeinden ist weit. Zwischen Havanna und Washington liegen Welten. Kuba – das ist neben Nordkorea praktisch die letzte verbliebene kommunistische Bastion.
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Und nun? Vor allem die Erwartungen der Kubaner sind riesig. Nach Jahrzehnten der wirtschaftlichen Dauermisere hoffen viele Inselbewohner jetzt auf den Segen des amerikanischen Geldes. Die ersten Investoren sind längst im Land und loten ihre Chancen aus. Das Regime in Havanna wird sich fragen, wie es eine „Übernahme made in USA“ verhindern kann.
Obama geht es um sein Lebenswerk
Für Obama steht das schwerste Stück Arbeit erst noch bevor. Noch ist völlig unklar, ob und wann und inwieweit die Sanktionen aufgehoben werden, mit denen die USA den Karibikstaat jahrzehntelang aushungern wollten.
Dem US-Präsidenten geht es um sein Lebenswerk. Bislang war der Friedensnobelpreisträger in der Außenpolitik nicht sonderlich erfolgreich. Doch jetzt hat er mit dem Iran und Kuba zwei Eisen im Feuer, die ihm seinen Platz in den Geschichtsbüchern sichern könnten. Doch die Republikaner laufen Sturm gegen eine Aufhebung der Sanktionen. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie Obama Knüppel zwischen die Beine werfen.