Berlin. . Die Zahl der illegalen Einreisen nach Deutschland ist auf Rekord-Hoch. Aber wie leben eingeschleuste Flüchtlinge eigentlich – und wovon?
Der Zuwanderungsdruck nimmt zu: Die Zahl illegaler Flüchtlinge ist im vergangenen Jahr um 75 Prozent auf über 57.000 gestiegen – ein Rekordwert im wiedervereinten Deutschland, erklärt Bundespolizei-Präsident Dieter Romann.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erwartet für dieses Jahr 300.000 Asylbewerber. Einige Bundesländer, darunter auch NRW, rechnen allerdings mit mehr.
Wie entwickelt sich die Zahl der Asylbewerber?
Im Februar waren die Zahlen explodiert – plus 132,5 Prozent – wegen des Zustroms aus dem Kosovo. Nach inoffiziellen Informationen scheint sich die Lage dort entspannt zu haben. Auf Nachfrage bekräftigte das BAMF, es halte an seiner Prognose für 2015 fest. 300.000 Asylbewerber wären allerdings die höchste Zahl seit über 20 Jahren. 2014 waren es gut 202.000.
Woher kommen die Flüchtlinge?
Zuletzt sehr stark vom Balkan. Außerhalb Europas: Syrien, Eritrea, Somalia, Afghanistan. Sie reisen illegal ein, meist über die Grenzen zu Österreich und Frankreich. An der Südgrenze habe sich die Zahl der illegalen Einreisen verdreifacht, so Romann.
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Ein Schlüsselland ist Italien. 2014 sind dort 180.000 Migranten eingereist, aber nur 43.000 haben Asyl beantragt. Die anderen zogen weiter, oft nach Deutschland oder Schweden. Es sind die Illegalen, die von den Bundespolizisten in Zügen oder Bussen aufgegriffen werden.
Was passiert mit den Flüchtlingen?
Sie werden aufgenommen, meist beantragen sie Asyl. Wenige werden anerkannt, für manche liegt indes ein Abschiebeverbot vor. Viele tauchen ab, wenn ihr Asylantrag abgelehnt wird und eine Abschiebung droht.
Und leben die Menschen dann illegal unter uns?
Sie haben keine Papiere, halten sich unerlaubt in Deutschland auf. Man kann ihre Zahl nur schätzen. Laut einem UNO-Bericht waren es 2010 mindestens 100.000. Inzwischen geht man von 500.000 aus.
Wie leben Illegale – und wovon?
NRW-Sozialminister Guntram Schneider (SPD) nennt es ein „Leben auf der Rasierklinge“. Sie sind nicht versichert. Wenn sie krank werden, vertrauen sie Ärzten, die unentgeltlich helfen. Viele arbeiten schwarz. Man wisse, dass sie sich peinlichst bemühen, nicht aufzufallen, so Schneider. Sie achten auf ihr Äußeres, vermeiden alles, was dazu führen könnte, dass sie auffallen – und dann womöglich abgeschoben werden.
Wie reagiert die Politik?
Schneider ruft dazu auf, einem Teil der Illegalen Papiere zu geben, sie zu legalisieren. Zuständig wäre der Bund, der davon aber nichts wissen will. Die Länder treffen Vorkehrungen für einen weiteren Anstieg der Zahlen.
Deswegen riefen einige von ihnen den Bund dazu auf, die Prognose für die Asylbewerber 2015 anzuheben. Nur wer eine realistische Plangröße hat, kann zeitig Unterbringung und Versorgung der Menschen angehen.
Was unternimmt der Bund?
Für nächste Woche lädt Innenminister Thomas de Maizière (CDU) zu einer Fachkonferenz über Zuwanderungs- und Flüchtlingspolitik nach Berlin ein. Seit Langem verfolgt er eine Drei-Säulen-Strategie. Zum einen will er besser mit Herkunftsstaaten, aber auch mit Transitländern wie Serbien oder Ungarn zusammenarbeiten und ihnen Hilfe anbieten. Zum anderen hat die Polizei den Kampf gegen die Schlepperbanden verstärkt.
Auf EU-Ebene setzt sich der Innenminister zudem für eine bessere Verteilung der Flüchtlinge ein. Das Beispiel Italien zeigt, dass das bisherige System nicht funktioniert: Auf dem Papier müssen die Menschen zwar dort bleiben und registriert werden, wo sie Europa erstmals betreten. Die Statistik der Bundespolizei gibt aber eine ganz andere Realität wieder.