Athen. . Griechenland hat seine Reparations-Forderungen für die Zeit des Nationalsozialismus festgesetzt. Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) antwortete umgehend.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat die Forderung Griechenlands nach deutschen Reparationszahlungen in Höhe von 278,7 Milliarden Euro zurückgewiesen. "Ich finde es ehrlich gesagt dumm", sagte Gabriel am Dienstag mit Blick auf eine Vermengung der Wiedergutmachungsforderungen mit den Verhandlungen über weitere Finanzhilfen. Beide Dinge hätten nichts miteinander zu tun, seien aber sehr aufgeladen, sagte der Vizekanzler bei einer Diskussionsveranstaltung in seinem Ministerium. Das bringe die Stabilisierung Griechenlands "keinen Millimeter voran."
Der stellvertretende griechische Finanzminister Dimitris Mardas hatte zuvor die Forderungen seines Landes auf 278,7 Milliarden Euro beziffert. Ein zuständiger Parlamentsausschuss komme nach einer ersten Auswertung auf diese Summe, teilte er am späten Montagabend im Parlament in Athen mit. Das Thema belastet die deutsch-griechischen Beziehungen seit Jahrzehnten.
Zu den Reparationsforderungen gibt es bereits eine umfangreiche griechische Studie. "Genau auf die hat sich Mardas berufen", sagte ein Mitarbeiter des Finanzministeriums am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Es sei "nichts Neues", er habe lediglich das "gesagt und beziffert, was seit Wochen bekannt ist", hieß es weiter. Was die Regierung unter Ministerpräsident Alexis Tsipras mit der Studie machen werde, sei "nicht Sache des Finanzministeriums".
Athen prüft jetzt, ob die Ansprüche erhoben werden können
In den vergangenen zwei Jahren hatten Experten des griechischen Finanzministeriums und der Zentralbank in Athen die Höhe der Reparationen berechnet. Die Gesamtforderungen werden darin auf zwischen 269 und 332 Milliarden Euro beziffert. Die Studie hatte die griechische Sonntagszeitung "To Vima" bereits im März veröffentlicht. Die griechische Justiz prüft auf höchster Ebene, ob und wie mögliche Reparationsforderungen an Deutschland erhoben werden können.
Die Bundesregierung sieht die Entschädigungsfrage als erledigt an. Ein 1960 von der damaligen Bundesregierung abgeschlossenes Abkommen sah die Zahlung von 115 Millionen Mark vor.
Tsipras' Moskau-Reise löst Irritationen aus
Unterdessen hat der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber, vor dem Moskau-Besuch des griechischen Regierungschefs Alexis Tsipras vor einer zu starken Nähe zu Russland gewarnt. Es wäre eine riskante Strategie, wenn Tsipras in der angespannten Lage sein Heil in einer Annäherung an das autokratische System suche, sagte der CSU-Politiker dem "Tagesspiegel" (Dienstag). Der für Mittwoch geplante Besuch komme "zur Unzeit".
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Der griechische Regierungssprecher Gabriel Sakellaridis hatte am Osterwochenende allerdings Mutmaßungen zurückgewiesen, die Reise leite eine Distanzierung Griechenlands von der EU ein. Kritiker befürchten, Tsipras könnte Putin um Notkredite bitten, weil ihm EU, Europäische Zentralbank (EZB) und der Weltwährungsfonds (IWF) zurzeit den Geldhahn zugedreht haben.
Bisherige Hilfen belaufen sich auf 240 Milliarden Euro
Der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis sagte dem IWF die Rückzahlung eines Kredits von rund 450 Millionen Euro zu, der am Donnerstag fällig wird. Zu seit Tagen kursierenden Gerüchten, Griechenland könnte Kredite außerhalb der EU wie etwa in Russland oder China aufnehmen, sagte er dem Wirtschaftsblatt "Naftemboriki": "Die Lösung der Krise (...) betrifft die europäische Familie und muss im Rahmen der EU gefunden werden."
Die bisherigen Hilfen für Griechenland belaufen sich auf 240 Milliarden Euro, etwa 55 Milliarden Euro entfallen auf Deutschland. Der Schuldenberg des Landes beträgt 320 Milliarden Euro. Ohne rasche Hilfen droht Athen schon bald der Staatsbankrott. Die Euro-Partner und der IWF haben Kredite von 7,2 Milliarden Euro auf Eis gelegt, weil bisher nicht alle Reformauflagen erfüllt sind. Die Verhandlungen Griechenlands mit den Geldgebern sollen diese Woche in Brüssel und Athen intensiviert werden. (dpa)