Ludwigshafen. Der “Kanzler der Einheit“ wird zum 85. Geburtstag mit Lob überhäuft. Doch kaum ein Gratulant kommt persönlich zum Altkanzler nach Oggersheim.

Bei der Polizei ist die Stimmung sichtlich angespannt. Er solle sein Geschenk an dem Wachhäuschen abgeben und dann weiterfahren, herrscht ein junger Beamter den Gratulanten Matthäus Neumer an. Der 76-Jährige steht nicht auf der Gästeliste für die Geburtstagsfeier von Altkanzler Helmut Kohl. Und die Beamten haben klare Anweisungen.

Unerwartet öffnet Hausherrin Maike Kohl-Richter die Haustür einen Spalt und signalisiert, den 76-Jährigen trotzdem durchzulassen. Ein seltenes Privileg - die meisten anderen spontanen Besucher werden nicht vorgelassen in das Haus in Ludwigshafen-Oggersheim. Helmut Kohl wolle seinen 85. Geburtstag "im kleinen Kreis" begehen, heißt es.

"Es lebt ja kaum noch einer von unserer Mannschaft"

Am frühen Nachmittag kommt zumindest ein wenig Prominenz: die rheinland-pfälzische CDU-Chefin und stellvertretende Bundesvorsitzende Julia Klöckner sowie die Bundesvorsitzende der Frauen-Union, Maria Böhmer, überreichen ihre Glückwünsche persönlich.

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"Wir haben uns intensiv unterhalten über das Thema Rheinland-Pfalz. Er als Reformer", berichtet Klöckner, was am Tisch bei Kohl gesprochen wurde. Es sei mit Pfälzer Sekt angestoßen worden. Ansonsten hält sich die CDU-Landeschefin bedeckt. Kein Wort über die gesundheitliche Verfassung des Altkanzlers, nichts Persönliches, keine Anekdoten.

"Es geht ihm ganz ordentlich", sagt hingegen Gratulant Neumer. Der 76-Jährige freut sich, mal wieder bei seinem früheren Saunafreund zu Hause gewesen zu sein. "Es lebt ja kaum noch einer von unserer Mannschaft", sagt er. Dann gerät er ins Schwärmen, erzählt Geschichten von damals, "als wir mit Kohl die deutsche Einheit in der Sauna gefeiert haben".

Seit 2008 im Rollstuhl

In den vergangenen Tagen ist Kohl für seine Verdienste um Deutschland und Europa breit gewürdigt worden. Die europäische Einigung und die deutsche Einheit seien auch sein Werk, schrieb beispielsweise Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in einem Gastbeitrag für die "Bild"-Zeitung (Donnerstag). Bundespräsident Joachim Gauck versicherte ihm, "dass Deutschland nicht vergessen wird, wie Sie zur rechten Zeit das Richtige entschieden und vollendet haben".

Kohl war von 1982 bis 1998 Kanzler. 2008 erlitt er bei einem Sturz ein Schädel-Hirn-Trauma, seither sitzt er im Rollstuhl und kann nur schwer sprechen. Die Partei veranstaltet zu seinem Geburtstag keine Feier. Stattdessen soll es im Sommer ein Symposium der Konrad-Adenauer-Stiftung zu seinen Ehren geben. (dpa)