Berlin. Länder und Kommunen stöhnen unter der Kostenlast für das Unterbringen von Flüchtlingen. Der Bund hat zwar für zwei Jahre eine Milliarde Euro an Hilfe zugesagt. Doch das reicht aus Ländersicht nicht aus, wie sie bei der Ministerpräsidentenkonferenz deutlich machen wollen.

Die Länder verlangen vom Bund, sich mit deutlich mehr Geld als bisher an den steigenden Kosten der Flüchtlingsunterbringung zu beteiligen. "Allein in Brandenburg haben sich die Kosten in den letzten drei Jahren auf rund 150 Millionen Euro vervierfacht", sagte Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) der Deutschen Presse-Agentur. "Da helfen die je 15 Millionen Euro des Bundes in den nächsten beiden Jahren wenig." Woidke führt derzeit den Vorsitz in der Ministerpräsidentenkonferenz, die an diesem Donnerstag in Berlin zusammenkommt.

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Die Flüchtlingspolitik ist für ihn dabei das wichtigste Thema. Woidke verlangte auch verlässlichere Prognosen des Bundesamtes für Migration für die zu erwartende Zahl von Flüchtlingen. "Im Januar und Februar sind deutlich mehr Flüchtlinge und Asylsuchende nach Deutschland gekommen als vorausgesagt", erläuterte der Regierungschef. Die Länder müssten die Unterbringung rechtzeitig angemessen planen können.

Deutschland brauche dringend ein längerfristiges Konzept

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl kritisierte den Streit von Bund und Ländern über die Finanzierung der Asylkosten scharf. "Da der Bund nicht zahlt und die Länder kein Geld haben, schieben sie sich gegenseitig die Verantwortung zu", sagte der Geschäftsführer der Organisation, Günter Burkhardt, der dpa mit Blick auf die anstehenden Beratungen der Ministerpräsidenten zu dem Thema.

Es werde nur kurzfristig gedacht, dabei brauche Deutschland dringend ein längerfristiges Konzept zur Integration von Asylbewerbern. Die Flüchtlinge bräuchten einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Integrations- und Sprachkursen, eine richtige Gesundheitsversorgung und vernünftige Unterkünfte anstelle von Notquartieren.

"Der Druck wächst, ein solches Konzept vorzulegen", mahnte Burkhardt. Schließlich werde die Zahl der Asylbewerber weiter steigen. "Den Ländern fällt jetzt auf die Füße, dass sie sich mit dem Bund auf einen Kuhhandel eingelassen haben." Sie hätten sich mit kurzfristiger finanzieller Hilfe abspeisen lassen, anstatt eine dauerhafte Lösung mit dem Bund auszuhandeln.

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Der Bund hatte Ende November zugesagt, Ländern und Kommunen 2015 und 2016 insgesamt eine Milliarde Euro für die Flüchtlingskosten bereitzustellen. Den Ländern reicht das aber nicht. Sie befürchten, dass in diesem Jahr viel mehr Asylbewerber nach Deutschland kommen werden als die vom Bund vorausgesagten 300.000.

Mittel vom Bund würden nicht ausreichen

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte der "Passauer Neuen Presse": "Die Mittel, die der Bund den Ländern für die Unterbringung von Asylbewerbern zur Verfügung stellt, reichen bei weitem nicht aus." Im ersten Quartal 2015 sei die Zahl der Asylanträge noch einmal deutlich gestiegen. "Die Bundesregierung ignoriert das und redet das Problem weiterhin klein." Wenn sich die Zahl der Asylsuchenden verdoppele, müsse sich auch die Höhe der Bundesmittel verdoppeln.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) monierte in der "Rhein-Zeitung" ebenfalls, die vom Bund zugesagten Mittel reichten "bei weitem nicht aus". Dreyer ergänzte: "Ich erwarte, dass der Bund sich strukturell finanziell beteiligt - sowohl an den Kosten zur Unterbringung als auch an den Gesundheitskosten."

Mehr Flüchtlinge, überfüllte Heime - Deutschland und die Asylfrage 

Kommen wirklich mehr Flüchtlinge nach Deutschland?

Ja, die Zahlen steigen seit Jahren. 2014 beantragten rund 200.000 Menschen Asyl - etwa 60 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Für das laufende Jahr rechnet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit rund 300.000. Die Länder erwarten allerdings noch deutlich mehr. Es steht bereits die Zahl von 500.000 bis 550.000 im Raum. Im Januar und Februar wurden insgesamt fast 52.000 Asylanträge gestellt.

Warum steigen die Zahlen?

Weil es derzeit viele internationale Konflikte und Krisen gibt - etwa in Syrien, im Irak, in Afghanistan oder in der Ostukraine. Die schlechte Lage in einigen Balkan-Staaten treibt ebenfalls viele Menschen nach Deutschland. Hinzu kommen Flüchtlinge aus Krisenstaaten in Afrika. Nach UN-Angaben hat das Ausmaß von Flucht und Vertreibung den höchsten Stand seit dem Zweiten Weltkrieg erreicht.

Warum stellt das Deutschland vor Probleme?

Experten meinen, der Anstieg der Asylzahlen sei seit langem absehbar gewesen. Bund, Länder und Kommunen hätten nur nicht früh genug darauf reagiert. Die Folge: Es fehlt an Plätzen zur Unterbringung. Viele Flüchtlinge werden in provisorischen Unterkünften einquartiert. Doch diese sind oft überfüllt und nicht genügend ausgestattet.

Worum streiten Bund und Länder?

Um Geld. Der Bund kommt nur für die Bearbeitung der Asylanträge auf. Länder und Kommunen müssen sich um die Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber kümmern. Sie fühlen sich damit aber überfordert und verlangen mehr finanzielle Unterstützung vom Bund. Der vom Bund zugesagte Betrag von insgesamt einer Milliarde Euro für 2015 und 2016 reicht ihnen nicht aus. (dpa)