Kiew/Donezk. Kiew wünscht sich auf eine internationale Friedensmission für die Ostukraine. Der Vorschlag stößt allerdings auf Skepsis.

Mit einer internationalen Friedensmission will der ukrainische Präsident Petro Poroschenko den Westen noch stärker in die Konfliktlösung für die Ostukraine einbinden. Eine EU-Polizeimission unter UN-Mandat wäre für die prowestliche Führung in Kiew die beste Form eines internationalen Friedenseinsatzes, sagte Poroschenko am Donnerstag in Kiew. Eine Beteiligung Russlands "als Aggressor" schloss der Präsident aus. Am Freitag gedenkt die Ukraine der Opfer der blutigen Ausschreitungen auf dem Maidan vor einem Jahr.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier reagierte zurückhaltend auf den Vorschlag Poroschenkos. "Eine solche Friedensmission setzt voraus, dass wir einen stabilen Waffenstillstand haben", sagte Steinmeier am Donnerstag bei einem Besuch im Kongo. Bislang gebe es jedoch "allenfalls einen fragilen Zustand". Dennoch müsse dieser Vorschlag sorgfältig geprüft werden.

Außenminister-Treffen geplant

Am Abend telefonierte Steinmeier mit seinen Kollegen aus Frankreich, Russland und der Ukraine. Alle Seiten seien sich einig gewesen, dass es jetzt ganz wichtig sei, die Gipfelvereinbarungen von Minsk "so schnell wie möglich" umzusetzen und dies auch eng zu begleiten. Möglicherweise findet dazu nächste Woche ein Treffen der vier Außenminister statt.

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Der polnische Parlamentspräsident und frühere Außenminister Radoslaw Sikorski hält die bisherige diplomatische Friedensinitiative für die Ukraine im sogenannten Normandie-Format für ungünstig für die Ukraine. "Es gab einen Moment, als Russland bereit war zu einer Rückkehr zum Genfer Format, also Russland, Ukraine, USA und EU", sagte Sikorski am Donnerstagabend im polnischen Fernsehsender TVN 24. "Warum ist es dazu nicht gekommen? Ich glaube, dass war ein Fehler der ukrainischen Seite." Im Normandie-Format sind die Ukraine, Russland, Deutschland und Frankreich vertreten.

"Europa darf Poroschenko nicht im Stich lassen"

Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok wertete die Bitte Poroschenkos um einen EU-Polizeieinsatz als "Hilferuf". Die Beobachtertruppe der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sei überfordert. "Um den Frieden zu sichern, war Poroschenko bereit zu Zugeständnissen, die ihn nun bei einem Scheitern des Waffenstillstandes unter Druck bringen könnten. Europa darf ihn nicht im Stich lassen", sagte Brok der "Süddeutschen Zeitung" (Freitag). Allerdings sieht Brok die Möglichkeit für einen EU-Polizeieinsatz mit UN-Mandat wegen des zu erwartenden russischen Vetos skeptisch.

Auch der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich sieht einen Einsatz von EU-Polizeieinheiten in der Ostukraine skeptisch. "Mit den Vereinbarungen von Minsk gibt es weiter ein ganzes Bündel von Maßnahmen, damit überall im Osten der Ukraine die Waffen schweigen", sagte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion der "Welt" und der "Berliner Zeitung" (Freitag).

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Die prorussischen Aufständischen sprachen sich für eine internationale Friedensmission in der Ostukraine aus. Diese müsse sich aber auf das Grenzgebiet zwischen ihrem Territorium und den von der Führung in Kiew kontrollierten Regionen beschränken, sagten sie.

Kiew gedenkt der Opfer vom Maidan

Kiew gedenkt am Freitag der Opfer der Ausschreitungen auf dem Maidan vor einem Jahr. Bei prowestlichen Massenprotesten gegen den damaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch waren rund 100 Menschen erschossen worden. Die Umstände wurden bisher nicht aufgeklärt. Die Proteste hatten zur Flucht von Janukowitsch geführt. Nach dessen Sturz kam die proeuropäische Führung um Poroschenko an die Macht.

In einem Gastbeitrag für die "Bild"-Zeitung (Freitag) forderte Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko schärfere Sanktionen gegen Russland und Defensivwaffen für die Ukraine. "Der heutige Jahrestag des Maidan sollte auch Europa an die Verantwortung für die Ukraine erinnern. Trotz Minsk-Abkommen wurde unsere Armee angegriffen. Welchem "Frieden" sollen wir künftig noch trauen?", schrieb Klitschko. (dpa)